Sachverhalt:
Seit 2010 verzeichnet die
Hansestadt Stralsund einen Einwohnerzuwachs und lt. Prognose der 3.
Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) besteht
weiterhin ein Bedarf an Baugrundstücken. So wuchs die Bevölkerung von 57.357 (Stand 31.12.2012) auf 59.363 (Stand 31.12.2022). Mit dem prognostizierten
Einwohnerzuwachs steigt der Bedarf nach Wohnraum, der nur durch eine
langfristige, kontinuierliche Entwicklung von Wohnungsbaustandorten gesichert
werden kann. Um die Attraktivität der Hansestadt Stralsund als Wohnort zu
sichern und weiter zu steigern, soll ein vielfältiges Wohnraumangebot an
unterschiedlichen Standorten vorgehalten werden.
Mit einer Gewerbebrache stellt ca. die östliche Hälfte des Bebauungsplanes Nr. 75, im Bereich des Boddenweges, ein innerstädtisches Flächenpotential mit Eignung für verdichteten Geschosswohnungsbau dar. Der Bereich des ehemaligen Landwirtschaftlichen Instandsetzungswerkes (LIW) ist vom Leerstand und brachgefallenen Gebäuden und Freiflächen geprägt und stellt somit einen städtebaulichen Missstand dar. Südöstlich grenzt der in Aufstellung befindliche vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 24 „Wohngebiet zwischen Boddenweg und Gustower Weg“ an und südlich wird die Umgebung durch gewerbliche Nutzungen und großflächigen Einzelhandel mit Nahversorgungsfunktion geprägt.
Mit der Hanseatic Stralsund
Grundbesitz GmbH steht nun ein Investor bereit, der an diesem Standort die
Entwicklung, wirtschaftliche Erschließung und Bebauung mit Geschosswohnungsbau beabsichtigt
und damit das Planungsziel, die Beseitigung eines städtebaulichen Missstands
durch Nachverdichtung auf baulich vorgenutzten Flächen, umsetzen wird. Insgesamt kann hier innerstädtischer
Wohnraum für ca. 100 Wohneinheiten entstehen.
Dem Gedanken der Stadt der kurzen Wege folgend werden auch die
bestehenden Gewerbeflächen im westlichen Bereich an der Greifswalder Chaussee
in den Bebauungsplan integriert. Mit einer weiteren Verdichtung in diesem
Bereich würde die Raumkante entlang der Greifswalder Chaussee gestärkt, ggf.
können hier v.a. in den Obergeschossen weitere Büro- und Wohnnutzungen
ermöglicht werden.
Das Plangebiet mit untergenutzten innenstadtnahen Brachflächen eignet
sich aufgrund seiner Lage für eine urbane Entwicklung. So befinden sich in
fußläufiger Entfernung die Nahversorger Edeka, Aldi und der in Bau befindliche
Netto, sowie als soziale Einrichtungen die Grundschule „Andershof“ und die
Kindertagesstätte „Am Bodden“. Es besteht Anschluss an den lokalen Nahverkehr
mit dem nahen Ostseeküstenradweg an das Hauptradroutensystem in der Hansestadt.
Die bauliche Umgebung ist von einer Mischnutzung geprägt, wobei hier
kleinteilige gewerbliche Nutzung und Wohnen miteinander korrespondieren.
Urbane Gebiete nach § 6a BauNVO dienen dem Wohnen sowie der
Unterbringung von Gewerbebetrieben und anderen Einrichtungen, die die
Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Die Nutzungsmischung muss nicht
gleichgewichtig sein. Auch Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe,
Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche,
kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind hier möglich.
Das im Stadtgebiet Süd, Stadtteil
Andershof gelegene ca. 3,84 ha große Plangebiet (siehe Anlage 1) wird im Norden
und Osten durch den Boddenweg und im Westen durch die Greifswalder Chaussee
begrenzt.
Im Geltungsbereich befinden sich folgende Flurstücke bzw. Anteile der Flurstücke:
1/5, 1/6, 1/37, 1/59, 2/6, 4/6, 5/6, 5/17, 5/19, 5/21, 5/23, 5/24 und 5/27 der Flur 2, Gemarkung Andershof.
Das flächenmäßig größte Flurstück
am Boddenweg befindet sich im Eigentum der Hanseatic Stralsund Grundbesitz
GmbH. Die Flurstücke entlang der Greifswalder Chaussee sind privat überwiegend
im Eigentum der bestehenden Gewerbebetriebe. Diese Eigentümer werden in die Konzeptüberlegungen zum Bebauungsplan
einbezogen, da davon auszugehen ist, dass auch sie an einer über die
Möglichkeiten des § 34 BauGB hinausgehenden Entwicklung interessiert sind.
Baurecht für den angestrebten Wohnungsbau im östlichen Abschnitt kann nur durch einen Bebauungsplan geschaffen werden. Mit Schreiben vom 15.06.2022 beantragte die Hanseatic Stralsund Grundbesitz GmbH die Aufstellung eines Bebauungsplanes.
Beschlussvorschlag:
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:
1. Für das im Stadtgebiet Süd,
Stadtteil Andershof gelegene Gebiet, welches im Norden und Osten durch den
Boddenweg und im Westen durch die Greifswalder Chaussee begrenzt wird, soll ein
Bebauungsplan gemäß § 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt werden. Ein Teil des Boddenweges wird in den
Geltungsbereich des Bebauungsplanes einbezogen.
Das ca. 3,84 ha große Plangebiet umfasst die Flurstücke bzw. Anteile der Flurstücke: 1/5, 1/6, 1/37, 1/59, 2/6, 4/6, 5/6, 5/17, 5/19, 5/21, 5/23, 5/24 und 5/27 der Flur 2, Gemarkung Andershof.
2. Ziel der Planung ist die Ausweisung eines Urbanen Gebiets mit
Wohnnutzung und gewerblichen Nutzungen.
3. Der Bebauungsplan Nr. 75 der Hansestadt Stralsund "Urbanes Gebiet zwischen Boddenweg und Greifswalder Chaussee" soll im beschleunigten Verfahren (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB) ohne Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden. Die zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO wird voraussichtlich ca. 25.000 m² betragen, so dass eine Vorprüfung unter Berücksichtigung der Anlage 2 des BauGB durchzuführen ist. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung zu beteiligen. Nach Abschluss der Vorprüfung erfolgt die Bekanntmachung gemäß § 13a Abs. 3 Satz 3 BauGB.
Der Bebauungsplan dient der Innenentwicklung über Wiedernutzbarmachung von Flächen und Nachverdichtung. Es sind keine umweltverträglichkeitspflichtigen Vorhaben oder Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebiete zu erwarten und bei der Planung werden auch keine Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sein.
4. Der Beschluss ist gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ortsüblich bekannt zu
machen.
Lösungsvorschlag:
Die Ausweisung eines Urbanen Gebietes mit der Möglichkeit, unter Einbeziehung der Gewerbenutzungen zusätzlichen Wohnraum zu entwickeln, wird befürwortet. Dazu soll gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan der Innenentwicklung aufgestellt werden. Das Planungsziel besteht in der Beseitigung des städtebaulichen Missstandes und der Neuordnung des Gebietes. Unter Berücksichtigung der hohen Aufwendungen für die Beseitigung der vorhandenen Baustrukturen und entsprechend der Nachfrage soll das Gebiet entlang des Boddenweges mit Mehrfamilienhäusern in unterschiedlichen Hausformen entwickelt werden. Für den gesamten, vom Missstand geprägten Bereich entlang des Boddenweges, der auch den südlich angrenzenden vorhabenbezogenen B-Plan Nr. 24 mit einbezieht, wurde 2022 ein städtebauliches Konzept (siehe Anlage 2) entwickelt. Dieses sieht am Boddenweg eine Zeilenbebauung mit drei Geschossen + Staffelgeschoss vor. Zwei Häuser sollen als Seniorenwohnhaus und ein Gebäude als Mehrfamilienhaus entwickelt werden. In zweiter Reihe sollen zehn Stadtvillen entstehen mit vier Geschossen + Staffelgeschoss bzw. mit drei Geschossen + Staffelgeschoss. Insgesamt sind rund 260 Wohneinheiten geplant, davon ca. 100 Wohneinheiten im Bebauungsplan Nr. 75.
Die Verkehrserschließung und technische Erschließung ist zumindest abschnittsweise neu herzustellen und muss in die vorhandenen öffentlichen Netze eingebunden werden. Die Verkehrsanbindung für die geplante Wohnbebauung erfolgt über den Boddenweg. Die Zeilenbebauung wird direkt vom Boddenweg erschlossen und für die Stadtvillen ist eine neue Gebietserschließung vorgesehen. So entsteht eine ruhige Aufenthaltszone zwischen der Zeilenbebauung und den Stadtvillen, in der auch ein zentraler Spielplatz angelegt werden soll. Mit der Hanseatic Stralsund Grundbesitz GmbH steht ein Erschließungsträger bereit, der die Erschließung auf eigene Kosten durchführen wird.
Für die gewerbliche Nutzung, die über den Gustower Weg verkehrstechnisch erschlossen ist, soll eine direkte Anbindung über die Greifswalder Chaussee ausgebaut werden.
Zum Bebauungsplan sollen ein grünordnerischer und ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag erarbeitet werden.
Für das Planverfahren einer
baulich großteils vorgeprägten, allseitig vom Siedlungsbereich umschlossenen
Fläche soll der § 13a BauGB angewendet werden, d.h. der Plan kann als
Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren ohne
Umweltprüfung aufgestellt werden. Entsprechend § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB wird
durch eine überschlägige Prüfung nachgewiesen, dass der Bebauungsplan
voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Abs. 4
Satz 4 BauGB in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des
Einzelfalls).
Gemäß § 8 Abs. 2 BauGB sind
Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Da es sich um ein
Planverfahren gemäß § 13a BauGB handelt, ist der Flächennutzungsplan nach
Abschluss des Verfahrens im Wege der Berichtigung an den Bebauungsplan
anzupassen.
Alternativen:
An diesem Standort bestehen neben der gewerblichen Nutzung an der Greifswalder Chaussee große aufgelassene Flächen entlang des Boddenweges ohne Baurecht nach § 34 BauGB. Wenn das Plangebiet zu einem Urbanen Gebiet entwickelt werden soll, gibt es zur Aufstellung eines Bebauungsplanes keine Alternative.