Betreff
Bebauungsplan Nr. 67 der Hansestadt Stralsund "Gelände westlich des Straßenbauamtes an der Greifswalder Chaussee, Andershof"
Vorlage
B 0025/2018
Art
Beschlussvorlage Bürgerschaft

Sachverhalt:

Das ca. 1,38  ha  große, im Stadtteil Andershof an der Greifswalder Chaussee westlich des Straßenbauamtes Stralsund gelegene Plangebiet wird im Norden durch das Grundstück Greifswalder Chaussee 63a (ehemaliges Eichamt) und die Straße Zur Steilküste, im Osten durch das Grundstück Greifswalder Chaussee 63b (Straßenbauamt Stralsund) und im Süden durch das Grundstück Boddenweg 3 (Caravan-Brehmer) begrenzt (siehe Anlage). In Verlängerung des Boddenweges nach Norden wird eine Teilfläche des Grundstückes  Greifswalder Chaussee 63b in den Geltungsbereich einbezogen. 

 

Die Fläche gehörte vor 1990 zum militärisch genutzten Gelände der Bereitschaftspolizei und ist nach der Wiedervereinigung in Besitz des Landes Mecklenburg-Vorpommern übergegangen. Die Sundblick-Grundstücks GmbH & Co. KG aus Waren/Müritz hat im Jahr 2016 das brachgefallene Areal vom Land Mecklenburg-Vorpommern erworben.

 

In den letzten Jahren zeichnet sich in der Hansestadt Stralsund ein stetiger Einwohnerzuwachs ab. Die Bevölkerung wuchs von 56.875 (Stand Dezember 2010) auf 59.610 (Stand Dezember 2017). Mit diesem Einwohnerzuwachs steigt auch der Bedarf an sozialen Einrichtungen sowie Nahversorgungseinrichtungen. Der Hansestadt Stralsund fehlen nach den aktuellen Ermittlungen (Abfrage der vorhandenen Einrichtungen) insgesamt ca. 300 Kinderbetreuungsplätze.

 

Im Stadtgebiet Süd (Andershof und Devin) sind nach 1990 neun Wohngebiete entstanden (B-Pläne Nr. 5, 19, 26, 32, 42, 46, 48, 62 und 63).  In den o.g. neuen Wohngebieten sind neben den Einfamilienhäusern auch Geschossbauten errichtet worden.

 

Allein in Andershof konnten in den letzten drei Jahren durch die Wiedernutzung von Brachflächen neue Wohngebiete (B-Plan Nr. 62 und B-Plan Nr. 63) besiedelt werden und ein weiteres Gebiet (B-Plan 32) wird z. Zt. bebaut. Durch die neuen Gebiete werden in Andershof zwischen 625 bis 900 Einwohner hinzukommen. Der Anteil junger Familien mit kleinen Kindern in neu erschlossenen Gebieten liegt i.d.R. über dem Durchschnitt. Entsprechend steigt auch der Bedarf an Betreuungsplätzen in den Kindereinrichtungen.

 

Die Nachfrage nach Kinderbetreuung des Stadtgebietes Süd kann z.Zt. lediglich durch die Einrichtung „Am Bodden“, Boddenweg 4 gedeckt werden. Diese Kindertagesstätte verfügt nur über 18 Krippenplätze, 60 Kindergartenplätze und 150 Hortbetreuungsplätze. Deshalb soll im Stadtgebiet Süd eine weitere Kindertagesstätte entstehen.

Für die neu geplante Kindereinrichtung, die die derzeitigen Versorgungsdefizite im Stadtgebiet Süd verringern soll , gibt es bereits einen konkreten Bewerber-  der Verein Lebensräume e.V. Geplant ist eine Kindertagesstätte „KiTa 15“ mit 24 Krippen- und 45 Kindergartenplätzen mit 15 Stunden Betreuungszeit, 7 Tage/Woche, insbesondere für Kinder von berufstätigen Eltern im Dienstleistungssektor/Schichtdienst. Damit soll ein bisher in Stralsund einmaliges Angebot geschaffen werden. Die Realisierung dieser KiTa hat deshalb sehr hohe Priorität, da sie eine Einrichtung ist, die nach Aussage des Landkreises eine Förderung erhalten soll.

 

Der Einzelhandelskomplex real am Gustower Weg mit dem real-Markt und einem nicht mehr zeitgemäßen Aldi mit unterdurchschnittlicher Verkaufsfläche sichert die (Nah)Versorgung im Stadtgebiet Süd. Im Bereich zwischen der Kreuzung Frankendamm und dem bisher als Stadtteilzentrum Süd/Andershof eingestuften Einzelhandelskomplex real gibt es bisher keinen weiteren Nahversorger, d.h. hier besteht eine Lücke im flächendeckenden Nahversorgungsnetz im Stralsunder Stadtgebiet.

 

Das in Aufstellung befindliche Regionale Einzelhandelskonzept für den Stadt-Umland-Raum Stralsund (REHK) empfiehlt die Ansiedlung eines weiteren Nahversorgers am Standort westlich des Straßenbauamtes. Damit folgt das Konzept den Vorgaben des Landesraumentwicklungsprogramms M-V 2016, das die Entwicklung zukunftsfähiger Nahversorgungsstrukturen auf der Grundlage von Einzelhandelskonzepten fordert.

 

Da insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die wohnungsnahe, von der nicht motorisierten Bevölkerung auch fußläufig zu erreichende Nahversorgung mit Waren des kurzfristigen und mittelfristigen Bedarfs zunehmend an Bedeutung für eine möglichst lange selbständige Lebensführung bis ins hohe Alter gewinnt, soll die Netzlücke durch Ansiedlung eines zeitgemäßen Nahversorgers mit 800 bis 1.000 m² Verkaufsfläche geschlossen werden.

 

Die Fläche wird voraussichtlich für die dringend benötigten Infrastruktureinrichtungen (KiTa u. Nahversorger) nicht vollständig benötigt, deshalb plant der Vorhabenträger aufgrund der hohen Nachfrage, hier wie im angrenzenden allgemeinen Wohngebiet (B-Plan Nr. 62) ergänzend auch ein Wohnhaus ggf. für Betreutes- und Seniorenwohnen zu bauen.

 

Der überwiegende Teil der Fläche (1,15 ha) wird von der unteren Forstbehörde als Küstenwald eingestuft. Der Waldstatus steht der geplanten baulichen Entwicklung entgegen. Deshalb ist Anfang Mai 2018 bei der zuständigen Forstbehörde ein Antrag auf Waldumwandlung gestellt worden. Die Fläche ist als Neuwaldfläche zu beurteilen, die sich nach der Nutzungsauflassung und Rückbau des Garagenkomplexes aufgrund unterlassener Grundstückspflege in den vergangenen 25 Jahren sukzessive gebildet hat. Durch die isolierte Lage der Neuwaldfläche ist sie für das Stadtklima von untergeordneter Bedeutung. Die zur Umwandlung beantragte Waldfläche umfasst damit keinen alten Waldstandort mit komplexen Waldfunktionen. Die Inaussichtstellung der Waldumwandlung nach § 15 Abs. 1 LWaldG i.V. m. § 15 a Abs. 1 L WaldG M-V ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Bebauungsplanverfahrens. 

  

Das Plangebiet ist für die Ansiedlung der o.g. Infrastruktureinrichtungen geeignet und der Eigentümer unterstützt die Ansiedlung der geplanten Nutzungen. Alternative Standorte sind im Einzugsgebiet derzeit nicht verfügbar.

 


Beschlussvorschlag:

Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:

1. Für das im Stadtteil Andershof gelegene Gelände an der Greifswalder Chaussee westlich des Straßenbauamtes Stralsund soll ein Bebauungsplan gemäß § 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt werden.

Das ca. 1,38  ha große Plangebiet umfasst in der Gemarkung Andershof, Flur 1 die Flurstücke 24/46 (anteilig), 24/48, 157/3 und 158/4. Es wird begrenzt im Norden durch das Grundstück Greifswalder Chaussee 63a (ehemaliges Eichamt) und die Straße Zur Steilküste, im Osten durch das Baugrundstück Greifswalder Chaussee 63b (Straßenbauamt Stralsund) und im Süden durch das Grundstück Boddenweg 3 (Caravan-Brehmer).

 

2. Ziel der Planung ist Einordnung einer Kindertagesstätte und eines Nahversorgers sowie ergänzend Wohnbebauung

 

3. Da das Plangebiet die Voraussetzungen des § 13 a BauGB als - andere Maßnahme der Innenentwicklung - erfüllt, soll der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden.

 

4. Der Beschluss ist ortsüblich bekannt zu machen.

 


Lösungsvorschlag:

Es wird vorgeschlagen einen Bebauungsplan gemäß § 2 Abs. 1 BauGB aufzustellen. Das Planverfahren sollen mit dem Aufstellungsbeschluss eingeleitet werden. 

  

Ein erstes städtebauliches Konzept des Vorhabenträgers sieht angrenzend an die Greifswalder Chaussee den Nahversorger mit Parkplatz vor und östlich davon die KiTa und den Wohnungsbau. Um die fußläufige Erreichbarkeit des Nahversorgers aus den angrenzenden Wohngebieten sicherstellen zu können, sind Fußwegeverbindungen vom Boddenweg und Am Steilufer in der weiteren Planung zu berücksichtigen. 

  

                                                                                

Die technische Erschließung ist neu herzustellen und muss in die vorhandenen öffentlichen Netze eingebunden werden. Der geplante Nahversorger soll von der Greifswalder Chaussee aus straßenseitig erschlossen werden. Die KiTa und der geplante Wohnungsbau können voraussichtlich über den Boddenweg ggf. die Straße  Am Steilufer angeschlossen werden.

 

Parallel zur Greifswalder Chaussee verläuft eine Rohwasserleitung zum Wasserwerk Andershof, welche nicht überbaut werden darf. Weitere Bestandsleitungen (Trinkwasser und Abwasserleitungen) sind bei der Planung zu berücksichtigen bzw. umzuverlegen.

 

Auf dem Areal steht ein ca. 37 m hoher Funkmast (Richtfunk/Betriebsfunk), der dem Straßenbauamt Stralsund gehört. In der Planung ist der erforderliche Bauabstand nach Landesbauordnung (LBauO M-V) zu berücksichtigen.

 

Nach Auskunft der unteren Abfallbehörde vom 04.05.2018 besteht nach der 2014/2015 erfolgten Altlastensanierung kein Altlastenverdacht mehr. Nach Aushub und Entsorgung der kontaminierten Bauwerke und Böden wurden keine erhöhten Werte festgestellt. Aufgrund der ehemaligen militärischen Nutzung (Kasernenanlage Stralsund-Andershof) wird das Gelände als kampfmittelbelastet eingestuft. Im Vorfeld der Baumaßnahem ist der Munitionsdienst zu beteiligen.

 

Bei der Planung ist zu beachten, dass das Areal vollständig in der Trinkwasserschutzzone III der Wasserfassung Andershof liegt.

 

Wird von Seiten der zuständigen Forstbehörde eine Waldumwandlung in Aussicht gestellt,  soll der Ausgleich auf einem anerkannten Waldkonto erfolgen.

 

Für das Planverfahren soll der § 13 a BauGB angewendet werden, d.h. der Plan kann als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung aufgestellt werden. Die überbaubare Grundfläche wird weniger als 20.000 m² betragen und mit der Überplanung einer baulich umschlossenen Fläche ist hier eine Maßnahme der Innenentwicklung vorgesehen.

 

Zum Bebauungsplan soll ein grünordnerischer Fachbeitrag erarbeitet werden. Ziel ist es, einen möglichst großen Anteil des randständigen Großbaumbestandes zu erhalten. Zum Abprüfen der  artenschutzrechtlichen Belange ist ein entsprechender Fachbeitrag zu erarbeiten.

 

Der rechtsverbindliche Flächennutzungsplan (FNP) der Hansestadt Stralsund stellt das Areal westlich des Straßenbauamtes als Fläche für den Gemeinbedarf „öffentliche Verwaltung“ dar. Im beschleunigten Verfahren kann der Bebauungsplan von den Darstellungen des FNPs abweichen. Der FNP ist entsprechend der geplanten Nutzung zu berichtigen. Der Bereich soll dann anteilig als Sonderbaufläche, Gemeinbedarfsfläche und Wohnbaufläche dargestellt werden. Der dem FNP beigeordnete Landschaftsplan stellt das Gebiet als Baufläche dar und muss deshalb nicht berichtigt werden.

 

 


Alternativen:

Im Umfeld des Plangebietes gibt es mit Ausnahme der Gewerbebrache des ehemaligen Landwirtschaftlichen Instandsetzungswerkes (LIW) keine Grundstücke mit dem für eine Marktansiedlung erforderlichen Flächenpotenzial  von ca. 4.000- 6.000 m² Größe. Aufgrund der privaten Eigentumsverhältnisse und anderer Entwicklungsinteressen des Eigentümers steht diese Fläche als Alternative nicht zur Verfügung. Wenn im Plangebiet eine neue KiTa und ein Nahversorger angesiedelt werden sollen, besteht zu einem Bebauungsplan keine Alternative.