Beschluss: zur Kenntnis genommen

Anfrage:

 

  1. Welche Entwicklungsoptionen sieht die Stadtverwaltung für den Nordhafen?

  2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Nordhafen eine städtebauplanerische Neuordnung erfahren kann, ohne die wirtschaftliche Existenz des Hafens zu gefährden?

  3. Mit welcher Perspektive werden dringend notwendige Investitionen in die Hafeninfrastruktur in welchem der drei wirtschaftlich genutzten Gebiete (Nordhafen, Südhafen, Frankenhafen) geplant?

 

Herr Paul teilt mit, dass die Frage eins durch Herrn Wohlgemuth beantwortet wird. Die Fragen zwei und drei werden durch Herrn Jurrat beantwortet.

 

Herr Wohlgemuth antwortet wie folgt:

 

zu 1.:

 

Im Flächennutzungsplan der Hansestadt Stralsund sind die Flächen im Bereich zwischen Hafeninsel und Ziegelgrabenbrücke als Sonderbauflächen „Hafen“ bzw. als Gewerbliche Bauflächen ausgewiesen. Dies entspricht der derzeitigen Nutzung.

 

Anderweitige Entwicklungsoptionen, die mit einer städtebaulichen Neuordnung einhergehen, können aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und Nutzung dieser Flächen allenfalls mittel- bis langfristigen Charakter haben. Zweifellos besitzen die Flächen des heutigen Nordhafens aufgrund ihrer Lage am Wasser, der Anbindung an die Frankenvorstadt sowie der großen Flächenkapazitäten ein enormes städtebauliches Entwicklungspotenzial. Sollten heutige Nutzungen in diesem Bereich aufgegeben oder verlagert werden, sind verschiedene Entwicklungsszenarien denkbar: z.B. Verlängerung der Hafenpromenade in südliche Richtung, räumlich-funktionale Anbindung der Frankenvorstadt an den Strelasund, Schaffung von Wohnungsangeboten mit öffentlichen Aufenthaltsflächen, Umgestaltung der Hafenstraße als attraktiver Stadteingang.

 

Nach Einschätzung der Verwaltung stellt dieser Bereich eine wertvolle Ressource der  Stadtentwicklung dar – vergleichbar mit der Entwicklung der Nördlichen Hafeninsel in den vergangenen Jahren ist aber auch hier ein „langer Atem“ erforderlich, um die Voraussetzungen für eine wirtschaftsverträgliche und attraktive Entwicklung schrittweise zu schaffen.

 

 

Herr Jurrat antwortet wie folgt:

 

zu 2.:

 

Die „Seeverkehrsprognose 2030“ des Bundes geht davon aus, dass der Umschlag in allen deutschen Ostseehäfen eine jährliche Zunahme von 2 % von derzeit 52 Mio. Tonnen auf 78 Mio. Tonnen in 2030 erfahren wird. Für den Seehafen Stralsund (SHS) wird gemäß dieser Prognose eine jährliche Umschlagsteigerung von 1,8 % unterstellt. Basis des für SHS vorausgesagten Wertes sind die aktuell vorhandenen/ genutzten Infrastrukturen in den Hafenbereichen Nordhafen, Südhafen und Frankenhafen. Für die Aufnahme des prognostizierten Umschlagzuwachses ist die Ausweisung zusätzlicher Hafeninfrastruktur im Sinne der Zukunftssicherung des Standortes als maritimes Logistikzentrum mit Transitfunktion daher unerlässlich. Die Grundlage für das Bestehen im Wettbewerb ist neben gut ausgebauten seewärtigen Zufahrten und leistungsfähigen Schienen- und Straßenanbindungen die Flächenverfügbarkeit im Hafen. Zielstellung von SHS ist es, neben den klassischen Umschlag- und Lagerfunktionen, die vorzugsweise an den Anlagen im Nord-und Südhafen erfolgen, die Quote des lokalen Ladungsaufkommens durch die Ansiedlung hafenaffinen Gewerbes im Schnittpunkt der Verkehrsträger zu erhöhen und dadurch Importe und Exporte am Standort zu generieren. Hierzu sind entsprechende Flächen vorzuhalten und zu entwickeln.

 

Im Kern enthalten die vorab dargelegten Ausführungen die Antwort auf die Frage nach den Voraussetzungen, die zu schaffen sein werden, um im Falle der städtebaulichen Neuordnung des Nordhafens die wirtschaftliche Existenz des Industriehafens nicht zu gefährden:  nämlich die sukzessive Umsetzung des „Regionalen Flächenvorsorge-konzeptes für den Seehafen Stralsund“, das mit Unterstützung des Landes M-V im Rahmen der „Flächenoffensive Häfen Mecklenburg-Vorpommern 2030“ erstellt wurde (als Download auf der Homepage des EM M-V abrufbar).

 

Eine städtebauplanerische Neuordnung der Bereiche des Nordhafens, an dessen Anlagen 40 bis 45 % des Jahresumschlags realisiert werden, setzt voraus, dass Hafeninfrastruktur in Form von Kai- und Gleisanlagen sowie Umschlag-, Manipulations- und Freilagerflächen als Kompensationsbereiche benannt werden. Die Aufgabe des Nordhafens für klassische Umschlag- und Logistikfunktionen hieße:

 

             Verlust von sieben Liegeplätzen mit 754 m Kailänge

             Verlust von Hafenbetriebsflächen mit insgesamt ca. 40.000 m²

             Aufgabe von ca. 2 km Gleisinfrastruktur

             Erfordernis von Ersatzflächen für die Standorte der Firmen Ceravis AG, ALBA     Metall Nord GmbH, Tiefkühlcenter Stralsund GmbH sowie für diverse Kleinunternehmen

 

Potentielles Hafenerweiterungs- und Hafenersatzgebiet bilden der Frankenhafen und die angeschlossen kainahen Bereiche:

 

             ehemalige Dockgrube (hinter LP 34/35)

             die seinerzeit für die Fa. Teufelberger vorgesehene Fläche (hinter LP 36)

             der Neubau des Liegeplatzes 37 mit angeschlossener Hafenbetriebs- und Ansiedlungsfläche

 

Die größte Herausforderung bei einer Umnutzung der Anlagen des Nordhafens wird in der Schaffung adäquaten Ersatzes für die Gleisanlage des Nordhafens bestehen, deren Aufgabe erhebliches Gefährdungspotential für die Funktion des Hafens als Umschlagzentrum für bahngebundene Güter birgt. Die Gleisinfrastruktur mit seinen 2 km Länge und 30 Weichen lässt derzeit die Abfertigung 500 m langer Blockzüge zu, d.h., Züge dieser Länge können in die Anschlussbahn Nordhafen komplett einfahren, sämtliche Rangier- und Zugbildungsarbeiten werden innerhalb der Anschlussbahn durchgeführt. Darüber hinaus ist die Gleisanlage des Nordhafens essentiell zur Bedienung der Gleisinfrastruktur des Südhafens. Diese ist nur über die Anlagen des Nordhafens und der MV Werft Stralsund erreichbar.

Der Gleisanschluss des Frankenhafens ist hinsichtlich des Anschlusses an das überregionale Gleisnetz in seiner  autarken Anbindung mit dem Anschluss des Nordhafens vergleichbar, kapazitiv und aus Sicht der Betriebsabläufe für die Eisenbahn-Verkehrsunternehmen (EVU) wird er qualitativ (noch) kein Ersatz für die Anlagen des Nordhafens sein. Mit der Umsetzung des Projektes erfolgt eine sprichwörtliche Weichenstellung für die Zukunft mit Blick auf die Realisierung eines weiteren Liegeplatzes (LP 37) im Frankenhafen, der den Ausbau der Gleisanlage im Frankenhafen und damit kaiparallele Gleislängen von rund 240 m einschließen wird.

 

zu 3:

               

Im Nordhafen konzentrieren sich die Investitionen auf die Unterhaltung der vorhandenen Infrastruktur. Primär geht es um den Erhalt des Zustands der hochgradig genutzten Gleisanlagen, so wurden im November 2017 während der Sperrpause der DB Netz AG die Anschlussweiche des Nordhafens und diverse Gleisabschnitte erneuert (Umfang ca. 100.000 €). Weitere Arbeiten werden 2018 im Bereich der Gleisanlage des Spezialentladesystems für Waggons mit Schwerkraftentladung erfolgen.

Größere Maßnahmen an den Kaianlagen sind derzeit nicht vorgesehen.

 

Im Südhafen sind kurzfristige Maßnahmen zur Erneuerung des Ölabscheidesystems sowie zur Unterhaltung der Gleisinfrastruktur geplant.

Das Ergebnis einer Voruntersuchung zur autarken Anbindung des Südhafens durch die DB Engineering & Consulting GmbH liegt vor, hier werden kurzfristig alle notwendigen Schritte zur tiefergehenden Prüfung der tatsächlichen Realisierbarkeit eingeleitet.

 

Auf den Frankenhafen konzentrieren sich die Investitionen. Diese bestehen in der Fertigstellung des Projektes „Gleisanbindung Frankenhafen“ zum Frühherbst 2018 sowie in der Errichtung einer Multipurpose-Halle für witterungsempfindliche Güter.

Parallel zu den Arbeiten zum Gleisanschluss wird das Projekt „Vorstellgruppe Frankenhafen“ installiert, welche die Möglichkeit bietet, Züge zusammen- oder Waggons abzustellen.

 

Frau Voß erfragt, welche zusätzlichen Flächen für erforderlich gehalten werden, um den Wachstumsprognosen zu entsprechen.

 

Herr Jurrat beziffert die Fläche auf ca. 40.000 m². Zusätzlich könnten mit dem Liegeplatz 37 weitere 25.000 m² hinzukommen. Der Seehafen wäre dann gut für die Zukunft aufgestellt.

 

Der Präsident stellt die beantragte Aussprache wie folgt zur Abstimmung:

 

Abstimmung: Mehrheitlich abgelehnt