Anfrage:
(1) Am 11. Juni 2015 hat die Verwaltung (Antwort
auf Kleine Anfrage kAF 0040/2015) festgestellt, dass es keine
Ermächtigungsgrundlage gibt, die es dem Landrat oder dem Oberbürgermeister
ermöglicht, das Verbrennen von Baum-, Strauch- oder Heckenschnitt zu verbieten
oder zusätzlich zeitlich einzuschränken. Hat sich die Rechtsauffassung der
Verwaltung geändert? Wenn ja, warum?
(2) Ist es den Bürgern aus Sicht der Verwaltung
im Sinne von § 2 Abs. 1 der Pflanzenabfalllandesverordnung M-V zumutbar, Baum-,
Strauch- oder Heckenschnitt mit einem Raumvolumen von mehr als 120 bzw. 240
Litern über die Wertstoffhöfe in Selbstanlieferung oder über die Bio-Tonne zu
entsorgen, oder ist ein Verbrennen auch weiterhin möglich?
(3) Was ist unter der Zumutbarkeit bzw. einer
Unzumutbarkeit der Entsorgung zu verstehen?
Die Beantwortung der Anfrage erfolgt durch Herrn Tanschus:
Am 11. Juni 2015 wurde durch die Stadtverwaltung mitgeteilt,
dass die Landesverordnung über
die Entsorgung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen (Pflanzenabfalllandesverordnung) keine
Ermächtigungsgrundlage für die Hansestadt Stralsund oder den Landkreis
Vorpommern Rügen zur Einschränkung der dort genannten und erlaubten
Entsorgungsmöglichkeiten für Pflanzenabfälle, zu denen grundsätzlich auch das
Verbrennen zählt, enthält. An dieser Rechtsauffassung wird weiterhin
festgehalten.
Die Entsorgung von Abfällen regelt das
Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes.
Grundsätzlich ist demnach das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen nicht
gestattet.
Die Pflanzenabfalllandesverordnung regelt aber Ausnahmen für das Verbrennen von
pflanzlichen Abfällen in den Monaten März und Oktober. Danach können nur in
diesen beiden Monaten an Werktagen für maximal zwei Stunden täglich je
Grundstück in der Zeit von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr pflanzliche Abfälle verbrannt
werden, wenn
Ø
es sich um pflanzliche Abfälle handelt, die auf nicht gewerblich
genutzten Gartengrundstücken anfallen und
Ø
ein Liegenlassen, ein Einbringen in den Boden oder eine
Kompostierung der pflanzlichen Abfälle auf dem Grundstück oder
Ø
eine Nutzung der vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger
anzubietenden Entsorgungssysteme nicht möglich oder zumutbar ist.
Der Nachbarschutz und die allgemeinen Brandschutzbedingungen
müssen dabei in besonderem Maße berücksichtigt werden:
Es ist vor dem Verbrennen zu prüfen, ob unnötige
Rauchschwaden vermieden werden können. Denn gerade in einer Erholungsregion und
besonders im städtischen Bereich werden die „Kleinen Feuerchen“ bei
unsachgemäßer Handhabung für den Nachbarn schnell störend.
Mit der Pflanzenabfalllandesverordnung liegt also eine
abschließende Regelung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vor.
Die Anfragen zur Zumutbarkeit beantwortet Herr Tanschus wie
folgt im Zusammenhang:
Der Begriff "Zumutbarkeit" bedeutet nach
allgemeinem Sprachgebrauch, dass man von einer Person ein bestimmtes Verhalten
erwarten oder verlangen darf, obwohl dieses Verhalten allenfalls mit
Unannehmlichkeiten oder sogar mit einem Opfer verbunden sein kann. Erscheinen
Opfer oder Unannehmlichkeiten zu groß, so ist das Verhalten nicht mehr
zumutbar.
Seit dem 01.01.2016 können im Entsorgungsgebiet Stralsund
Baum- und Strauchschnitt, Heckenschnitt, Laub, Blumen, Rasenschnitt und
sonstige Gartenabfälle über die Biotonne entsorgt werden. Daneben gibt es im Landkreis
Vorpommern-Rügen und damit auch in der Hansestadt Stralsund für Grüngut ein
Bringesystem (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 4 Abfallsatzung). D.h. nach der aktuellen
Abfallgebührensatzung kann Grüngut, welches nicht über die Biotonne entsorgt
werden kann, beim Wertstoffhof im Voigdehäger Weg kostenpflichtig angeliefert
werden.
Ob die Entsorgung zumutbar oder unzumutbar ist,
richtet sich insoweit immer nach dem Einzelfall. Die Entsorgungsmöglichkeit von
Grüngut setzt den Besitz geeigneter Transportmittel wie z.B. eines Autos mit
Anhänger voraus. Daneben gibt es die gerichtliche Auffassung (OVG NRW vom 18.01.2005, Az.: 20 A 1456/04),
dass das Schnittgut zwar saisonal punktuell anfalle, aber nach und nach in die
Biotonne eingefüllt werden könne. Die damit einhergehende Dauer der
Aufbewahrung bis zur Abfuhr des gesamten Schnittgutes sei dabei hinnehmbar.
Ob und inwieweit für den einzelnen
Einwohner der Hansestadt Stralsund die Entsorgung von Gartenabfällen zumutbar
ist oder nicht, kann, aufgrund der unterschiedlichen Lebensumstände
(Grundstücksgröße, Transportmöglichkeiten, Lebensalter etc.) sowie der
alleinigen Entscheidungskompetenz des Landrates, nicht abschließend von der
Hansestadt Stralsund beantwortet werden. Ein guter Richtwert ist jedoch, dass
man sich vor Augen hält, dass das Verbrennen zwar nicht verboten, jedoch mit
Blick auf die Biotonne und die Wertstoffhöfe eher die Ausnahme als die Regel
sein soll. Ebenso muss man immer seine Nachbarn mit im Blick haben und vor
vermeidbaren Belastungen schützen.
Mit Blick auf das am Ende der
40tägigen Fastenzeit stehende Osterfest geht Herr Tanschus auch auf die
sogenannten Brauchtumsfeuer ein:
Private Brauchtumsfeuer sind in
Stralsund genehmigungsfrei. Der Eigentümer der Fläche, auf der das Feuer
entzündet wird, muss dem jedoch zustimmen. Umwelt- und forstrechtliche
Bestimmungen und Vorgaben von Hausordnungen oder Kleingartenvereinen sind zu
beachten. Verbrannt werden dürfen nur unbehandeltes Holz, trockenes Ast- und
Strauchwerk. Abfälle, nasses Holz und Kunststoffe dürfen nicht verbrannt
werden. Sie führen zu Rauchbelästigungen bzw. setzen gefährliche Schadstoffe
frei.
Vom Feuer darf keine unmittelbare
Brandgefahr für die Umgebung ausgehen. Es ist ausreichend Abstand zu Gebäuden
einzuhalten. Die Feuerwehr der Hansestadt empfiehlt mindestens 50 Meter. Es
muss Abstand zu Straßen eingehalten. die Windrichtung beachtet sowie Funkenflug
und Rauchbelästigung vermieden werden. Brauchtumsfeuer sollten so klein wie
möglich gehalten werden. Wenn das Brennmaterial schon länger liegt,
sollten es vor dem Entzünden
umgeschichtet werden, damit das Osterfeuer nicht zur Flammenfalle für Kleintiere
wird.
Brennbare Flüssigkeiten sind als Brandbeschleuniger ungeeignet und gefährlich.
Offenes Feuer muss beaufsichtigt und dabei auf kleine Kinder geachtet werden.
Sie unterliegen sehr schnell der Faszination des Feuers und unterschätzen die
Gefahr. Es sind ausreichende Löschmittel (Wasser, Sand, Feuerlöscher) bereit zu
halten.
Wer ein Feuer entzündet und
betreibt, ist für die Folgen verantwortlich. Er kann bei Schäden in Haftung
genommen werden. Ein Osterfeuer kann durch die Feuerwehr gelöscht werden, wenn
Gebäude gefährdet sind, wenn Anwohner durch den Rauch belästigt werden oder
wenn gegen umweltrechtliche Bestimmungen verstoßen wird.
Eine Zufahrt für Feuerwehr und Rettungsdienst ist freizuhalten. Bei Verbrennungen sollte mit Wasser gekühlt werden. Im Zweifel ist der Notruf 112 zu wählen. Die Feuerwehr ist rund um die Uhr einsatzbereit.
Herr Meißner erkundigt sich, ob es immer auf den Einzelfall ankomme, in dem der eigenverantwortliche mündige Bürger die Zumutbarkeit für sich selbst definieren muss.
Herr Tanschus bestätigt dies.
Auf eine Aussprache wird verzichtet.