Sachverhalt:
Das bis
dahin städtische Meeresmuseum wurde aufgrund seiner gesamtnationalen
Aufgabenstellung am 1.1.1994 in eine selbständige Stiftung des bürgerlichen
Rechts mit Sitz in Stralsund umgewandelt. Stifter sind die Hansestadt Stralsund
und der Förderverein Deutsches Meeresmuseum e.V. (ehemals Verein der Freunde
und Förderer des Meeresmuseums e.V.). Das Deutsche Meeresmuseum - Museum für
Meereskunde und Fischerei · Aquarium (DMM) hat als einziges Museum seiner Art
in Deutschland die gesamtstaatliche Aufgabe, die Fauna und Flora des Meeres
sowie ihre Erforschung und wirtschaftliche Nutzung durch den Menschen unter
nationalen und internationalen Aspekten museal darzustellen und
wissenschaftlich zu bearbeiten. Es ist eine kulturell wissenschaftliche
Institution, die das Thema Mensch und Lebewesen des Meeres komplex untersucht
und darstellt. Vorrangig hat es die Entwicklungsprozesse und ökologischen
Zusammenhänge des Lebens im Meer sowie die Wechselbeziehungen zwischen Mensch
und Meeresorganismen wissenschaftlich zu erforschen und allgemeinverständlich
zu vermitteln, aber auch die tangierenden Themen der Kulturgeschichte mit
einzubeziehen. Im Dezember 2001 ist das Deutsche Meeresmuseum in das Blaubuch
aufgenommen worden, eine Liste von 23 national bedeutsamen kulturellen
Einrichtungen in den neuen Bundesländern (Auszüge aus Vorbericht des
Wirtschaftsplanes). Das
Blaubuch dient als kulturelles Identifikationsangebot und unterstreicht die
Bedeutung der ostdeutschen Kulturlandschaft für das gesamtdeutsche und
europäische kulturelle Erbe. Das DMM ist zudem eines der bestbesuchten Museen
in Deutschland. Damit nimmt die Stiftung eine im dringenden Interesse der
Hansestadt Stralsund und darüber hinaus liegende Aufgabe im Sinne des § 2 der
Kommunalverfassung M-V wahr.
Seit Gründung der Stiftung erhält das DMM
jährliche institutionelle Zuwendungen insbesondere durch Die Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien (Bund), das Ministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern (Land) sowie durch die Hansestadt
Stralsund (im jeweiligen Verhältnis von 50 %, 25 %, 25 %). Das DMM hat einen
Kostendeckungsgrad von ca. 85 %.
Wie bekannt, ist auch das DMM von der im
Rahmen der Bekämpfung und Verlangsamung der Coronavirus-Pandemie behördlich
angeordneten Schließung seit dem 14.03.2020 betroffen. AlIe Häuser der
Stiftung, wie das Ozeaneum, Meeresmuseum und Natureum wurden geschlossen. Die
Grundversorgung der Tiere und der Notbetrieb der Einrichtungen wurden
entsprechend organisiert. Das notwendige Personal wurde in Homeoffice
geschickt. Zur Kostenreduzierung wurde u. a. eine Betriebsvereinbarung mit dem
Betriebsrat über Kurzarbeit geschlossen, vertraglich gebundene Saisonkräfte
mussten betriebsbedingt gekündigt werden sowie weitere Aufwendungen wurden auf
das unbedingt erforderliche Mindestmaß reduziert.
Mit Kabinettsbeschluss des Landes M-V vom
07.04.2020 wurden Hilfsprogramme speziell für den Bereich Kunst- und Kultur
aufgelegt, die insbesondere auch für institutionell geförderte Einrichtungen
gebildet wurden, zu denen auch die Stiftung DMM zählt. „Ziel ist es, nicht
vermeidbare Defizite, die durch Einnahmeausfälle bzw. coronabedingte Ausgaben
entstehen, auszugleichen. Voraussetzung ist eine angemessene, an der
Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der weiteren Träger.“ (siehe Anlage,
Säule 1)
Auch der Bund hat ein Rettungs- und
Zukunftspaket „NEUSTART KULTUR“ aufgelegt, nach dem eine Unterstützung
bundesgeförderter Kultureinrichtungen erfolgen soll. Insbesondere bei gemeinsam
mit Ländern bzw. Kommunen getragenen Einrichtungen und Projekten wird der Bund
seinen Anteil an der Kofinanzierung leisten.
Zur Vermeidung einer existenzbedrohenden
Wirtschaftslage wurden die im Rahmen der „normalen“ Wirtschaftsführung
zugesagten Finanzmittel der Zuwendungsgeber mittlerweile von allen
Zuwendungsgebern beschieden und bereits vollends ausbezahlt.
Nach einer aktuellen Hochrechnung des DMM
im Rahmen einer Abfrage des zuständigen Referates bei der Beauftragten der
Bundesregierung für Kultur und Medien wird von einem gegenwärtig erwarteten
Fehlbetrag auf Grund der pandemiebedingten, weggefallenen Einnahmen und
unabwendbaren Ausgaben zum Ende des Haushaltsjahres 2020 in Höhe von rund
4.997.100,00 Euro ausgegangen. Dies unter der Annahme, dass kein weiterer
Lockdown angeordnet oder die Vorschriften bezüglich eines Besucherdurchgangs
verschärft werden. Vom erwarteten Fehlbetrag wurden bereits insgesamt
875.596,50 Euro Notbetriebshilfen aus dem Schutzfonds M-V für Zoos und
tiergärtnerische Einrichtungen für die ordnungsgemäße Betreuung und Pflege der
Tierbestände während der Corona-Pandemie ausbezahlt. Der verbleibende
Restfehlbetrag zur Absicherung der Wirtschaftsführung der Stiftung in Höhe von
rund 4.121.500,00 Euro ist durch die Zuwendungsgeber zur Absicherung des
laufenden Betriebes der Stiftung aufzubringen. Der Anteil der Hansestadt
Stralsund beträgt dabei ca. 1.030.400,00 Euro.
Insgesamt haben im ersten Halbjahr 127.893
Gäste von geplanten 306.800 die Museen der Stiftung DMM besucht. In der zweiten
Jahreshälfte werden von geplanten 522.200 Besuchern voraussichtlich 205.200
erwartet. So rechnet die Stiftung mit einem Rückgang der Besucher in Höhe von
ca. 495.000, welches finanzielle Ausfälle von 4.823.400 Euro verursacht. Auch
geplante sonstige betriebliche Erträge aus Führungen, Vorträgen, Verkäufen
werden nicht realisiert. Zudem werden coronabedingte Zusatzkosten in Höhe von
400.300 Euro prognostiziert. Zwar werden auch Einsparungen insbesondere durch
den Erhalt von Kurzarbeitergeld generiert,
die aber die erheblichen Mindereinnahmen nicht ausgleichen können.
Das Land M-V hat bereits einen weiteren
stichtagsbezogenen Zuwendungs(abschlags)bescheid aus dem Schutzfonds M-V im
Rahmen der institutionellen Förderung erlassen, der zusätzliche coronabedingte
Mittel in Höhe von 144.652,75 Euro ausweist. Diese Zuwendung steht aber unter
dem Vorbehalt, dass sowohl der Bund als auch die Hansestadt Stralsund
entsprechende Zuschüsse gemäß dem Finanzierungsschlüssel für die Wahrnehmung
satzungsgemäßer Aufgaben gewähren. Seitens des Landes wird mit weiteren
Anträgen gerechnet, die durch das DMM in den nächsten Tagen in Höhe des o. g.
Restfehlbetrages entsprechend gestellt werden.
Beschlussvorschlag:
Der Hauptausschuss der Hansestadt Stralsund
beschließt:
1.
Der Stiftung Deutsches Meeresmuseum - Museum für
Meereskunde und Fischerei · Aquarium werden überplanmäßige Aufwendungen
und Auszahlungen in Höhe von weiteren maximalen 100.000,00 Euro zur Absicherung
der Finanzierung ihrer unabweisbaren coronabedingten Fehlbeträge
(Einnahmeausfälle sowie Mehrausgaben) und im Sinne einer angemessenen an der
Leistungsfähigkeit der Hansestadt Stralsund orientierten Beteiligung an der
Komplementärfinanzierung zur Verfügung gestellt.
2.
Die Mittel werden im Teilhaushalt 90, Leistung
25.1.03.01.1, Sachkonto 54147000 überplanmäßig bereitgestellt.
3.
Die finanzielle Deckung erfolgt in
Ermangelung eines Deckungsvorschlags aus dem Haushalt 2020 infolge der
coronabedingten Steuerausfälle und der Mehraufwendungen/-auszahlungen, entsprechend der Leitlinien des Ministeriums
für Inneres und Europa M-V vom 08.04.2020 in Anwendung des kommunalen
Haushaltsrechts im Rahmen der Auswirkungen der Coronavirus- Pandemie. Soweit
diesbezüglich über- und außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen nach § 50
Kommunalverfassung M-V erforderlich werden, ist es ausnahmsweise zulässig, dass
die Deckung innerhalb des Finanzplanungszeitraums dargestellt wird, wenn die
Deckung im laufenden Jahr nicht möglich sein sollte. Die Deckung muss demnach
im Rahmen der Haushaltsplanung 2021 gewährleistet werden.
Lösungsvorschlag:
Für die Sicherstellung der
Gesamtfinanzierung der nicht vermeidbaren Defizite, die durch Einnahmeausfälle
bzw. coronabedingte unabwendbare Ausgaben im DMM entstehen (vorbehaltlich
etwaiger Entscheidungen zu einem weiteren Lockdown oder sich verändernden Hygieneauflagen
usw.), ist die Hansestadt Stralsund angehalten, im Rahmen der institutionellen
Förderung ihren Beitrag zu leisten. Bund und Land werden durch die jeweilig
aufgelegten Schutzfonds ihre Anteile
unter der Auflage bereitstellen, dass sich die weiteren Träger gemäß dem
Finanzierungsschlüssel (50 % Bund, je 25 % Land und HST) an den Kosten
beteiligen. Voraussetzung nach dem Landesschutzfonds M-V ist eine angemessene,
an der Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der weiteren Träger.
Der Haushaltsplan 2020 wurde durch die
Bürgerschaft am 16.04.2020 beschlossen. Coronabedingte Mindereinnahmen bzw.
Mehrausgaben waren nicht valide bezifferbar (und sind es bis jetzt auch noch
nicht) und deshalb in der Haushaltsplanung 2020 nicht berücksichtigt. Die
Haushaltssatzung 2020 der Hansestadt Stralsund wurde am 03.07.2020 durch
die rechtsaufsichtlichen Entscheidungen
mit Auflagen genehmigt. Die dauernde Leistungsfähigkeit der Hansestadt
Stralsund ist trotz des ausgeglichenen Haushalts bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums
eingeschränkt.
Nunmehr zeichnen sich im Rahmen der
Haushaltsdurchführung erhebliche Defizite/Fehlbedarfe in Höhe von 5.716.100
Euro zuzüglich der durch das DMM beantragten Wirtschaftssoforthilfe/Zuschüsse
durch die Corona-Pandemie ab, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
eigenständig durch die Hansestadt Stralsund gedeckt werden können. Trotz
Ankündigungen, dass der Bund u. a. Ausfälle der Gemeinden an der Gewerbesteuer
anteilig übernehmen wolle, liegen hierzu noch keine konkreten Durchführungserlasse
vor.
Zur Sicherstellung der Gesamtfinanzierung
im DMM und damit verbundenen Aufgaben wird vorgeschlagen, dass die Hansestadt
Stralsund weitere finanzielle Mittel bis zu einer maximalen Höhe von 100.000,00
Euro für den Ausgleich der Einnahmeausfälle bzw. coronabedingten Ausgaben der
Stiftung für das Wirtschaftsjahr 2020 zur Verfügung stellt. Aus Sicht der
Verwaltung stellt dieser Betrag eine (über die laufende institutionelle
Förderung hinaus) maximal mögliche Summe sowie eine angemessene und an der
Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der Hansestadt Stralsund dar und
entspricht den verfahrensleitenden Hinweisen des Ministeriums für Inneres und
Europa vom 21.04.2020 zu Unterstützungsleistungen der Kommunen zur Überbrückung
von Liquiditätsproblemen aus Anlass der Coronavirus-Pandemie.
Auf Grund der derzeit eigenen defizitären
Finanzlage und derzeit nicht konkret bezifferbaren, aber dennoch nicht
unwesentlichen, coronabedingten Mindererträgen insbesondere im Steuerbereich,
sind weitere Zuschüsse nicht möglich. Zudem ist hierbei noch nicht bekannt,
inwieweit die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht auch noch in den
Folgejahren zu Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben führen werden.
Für den nicht von der Hansestadt Stralsund
leistbaren Restbetrag sind Verhandlungen mit dem Land M-V mit der Bitte
aufzunehmen, den weiteren Anteil zu übernehmen.
Die benannten überplanmäßigen Aufwendungen
und Auszahlungen in Höhe von 100.000,00 Euro sind gemäß den oben dargelegten
Sachverhalten angemessen und gemäß § 50 Kommunalverfassung M-V zulässig. Sie
sind coronabedingt unvorhergesehen und durch die Zusagen der anderen
Zuwendungsgeber und zur Sicherstellung der Gesamtfinanzierung der Stiftung
unabweisbar. Die Hansestadt Stralsund hat ein erhebliches Interesse, dass die
Stiftung ihre übertragenen Aufgaben weiterhin wahrnehmen kann.
Die Zuständigkeit des Hauptausschusses
ergibt sich aus § 10 Absatz 3 Punkt 2 der Hauptsatzung.
Alternativen:
Keine empfehlenswerten
Sofern seitens der Hansestadt Stralsund
keine angemessene Beteiligung an den coronabedingten Fehlbeträgen des DMM
erfolgt, ist eine Kofinanzierung der weiteren Zuwendungsgeber Bund und Land auf
Grund der Auflagen aus den jeweiligen Schutzfonds nicht sichergestellt, da eine
institutionelle Förderung für das DMM Zuschüsse aller Zuwendungsgeber nach dem
Finanzierungsschlüssel 50/25/25 Prozent voraussetzt.
Könnten die coronabedingten Kosten nicht
durch die Zuwendungsgeber anteilig aufgebracht werden, kann die Stiftung ihren
in der Satzung verankerten Aufgaben nicht mehr nachkommen. Die Stiftung wäre
ggf. zu beenden. Das Vermögen würde nach Satzung an die Hansestadt Stralsund
fallen, die das Vermögen unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige
Zwecke zu verwenden hat.