Sachverhalt:
In den letzten Jahren zeichnete sich in der Hansestadt Stralsund ein
stetiger Einwohnerzuwachs ab. Die Bevölkerung wuchs von 56.875 (2010) auf
59.532 Einwohner (31.12.2018, Quelle Einwohnermeldeamt). Damit ist eine
positive Trendwende nach dem über zwei Jahrzehnten andauernden
Einwohnerrückgang zu verzeichnen. Mit dem Einwohnerwachstum steigt auch der
Bedarf nach Wohnraum.
Im Rahmen der Fortschreibung des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes
(ISEK) der Hansestadt Stralsund (Beschl. Nr. 2015-VI-02-0177 vom 12.03.2015)
wurde eine Prognose für den Wohnraumbedarf bis 2030 erstellt. Im Ergebnis ist
die Zielsetzung formuliert worden, dass der künftige Bedarf eine langfristige,
kontinuierliche Entwicklung von Wohnbaustandorten erfordert.
Um die Attraktivität der Hansestadt Stralsund als Wohnort zu sichern und
weiter zu steigern, ist ein vielfältiges, vielgestaltiges Wohnraumangebot an
unterschiedlichen Standorten erforderlich. Ein effektiver Wohnungsmarkt kann
weiteren Zuzug befördern.
Derzeit werden ca. 60 bis 70 Einfamilienhäuser pro Jahr gebaut. Die
aktuellen Anfragen an Eigenheimgrundstücken können jedoch nicht gedeckt werden.
Deshalb besteht weiterhin ein Bedarf nach Eigenheimgrundstücken. Gleichzeitig
ist ein Bedarf an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in attraktiver Lage
erkennbar. Die dem Bedarf folgende Größenordnung soll auch für die Zukunft
abgesichert werden.
Neben der anhaltenden Nachfrage nach attraktiven Bauplätzen in der Nähe
zum Strelasund, besteht ebenfalls eine hohe Baulandnachfrage an
Eigenheimgrundstücken mit Bezug zur Landschaft und mit ländlichem Charakter
innerhalb des Stadtgebietes der Hansestadt Stralsund. Die bisher erschlossenen
Wohngebiete sind ausgelastet, im B-Plan Nr. 53 „Wohngebiet zwischen
Damaschkeweg und Kornwinkel“, für das in Kürze die Erschließung beginnt, gibt
es für die 30 Grundstücke ein Vielfaches an Bewerbern.
Zur Begegnung der hohen Wohnraumnachfrage soll östlich der Brandshäger
Straße ein Wohnungsbaustandort für ein vielfältiges Wohnraumangebot in Form von
Mehrfamilien-, Reihen-, Doppel- und freistehenden Einzelhäusern entstehen.
Unmittelbar östlich des Plangebietes befindet sich das Wohngebiet südlich des
Deviner Weges (B-Plan Nr. 42), südlich grenzt das Grundstück von Möbel
Albers/Hammer (Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 8) an. Im Westen befindet
sich die Brandshäger Straße und nördlich des Plangebietes verläuft der alte
Deviner Weg (s. Anlage). Das Plangebiet umfasst die im privaten Eigentum
stehende, insgesamt ca. 9,7 ha große Fläche, die überwiegend
landwirtschaftlich genutzt wird.
Das Plangebiet ist in besonderem Maße für eine Wohngebietsentwicklung
geeignet, da es in bestehende Siedlungsstrukturen eingebunden ist und somit als
Arrondierung des Stadtrandes angesehen werden kann. Die räumliche Nähe zu
vorhandenen Infrastruktureinrichtungen (bspw. Einzelhandels- und
Dienstleistungseinrichtungen, Busanbindung) stärkt das Gebiet als Wohnstandort.
Der Planbereich schließt sich an beliebte Wohngebiete in Stadtrandnähe an,
welche insbesondere für nicht ausschließlich urban orientierte Stadtbewohner
sowie aufgrund der Lage im Süden der Stadt für Pendler in das benachbarte
Teiloberzentrum Greifswald attraktiv ist.
Aufgrund des schlechten Flächenzuschnitts mit kleinen sowie teilweise
krummen Feldgrenzen, einer das Plangebiet querenden vernässten Senke und
verschärften Abstandsauflagen für die Pflanzenschutzanwendung infolge
angrenzender Wohnbebauung ist der Bereich aus landwirtschaftlicher Sicht
vergleichsweise unattraktiv. Wertgebende Böden mit einer Bodenwertzahl von >
50 sind nicht betroffen.
Für den Flächenbedarf der vorgesehenen Bebauung von ca. 6,5 ha
zuzüglich erforderlicher Verkehrs- und Grünflächen und den Umfang der
vorgesehenen Bauvorhaben können derzeit alternativ keine geeigneten
Nachverdichtungsmöglichkeiten in der Hansestadt Stralsund genutzt werden.
Deshalb soll auf der bisher nicht für eine Siedlungsentwicklung vorgesehenen
Ackerfläche östlich der Brandshäger Straße am südlichen Stadtrand ein
Wohnungsbaustandort entstehen.
Die privaten Grundstückseigentümer der Ackerfläche möchten das Gebiet
als Vorhaben- und Erschließungsträger für den Wohnungsbau entwickeln. Die
vorgesehene Wohnnutzung ist am geplanten Standort derzeit bauplanungsrechtlich
nicht zulässig. Baurecht für die angestrebte Wohnungsbauentwicklung kann nur
durch einen Bebauungsplan geschaffen werden.
Der rechtswirksame Flächennutzungsplan (FNP) der Hansestadt Stralsund
stellt das Plangebiet als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportplatz“ dar.
Aufbauend auf der Sportstättenentwicklungsplanung von 1993 war hier auf ca.
5 ha die Entwicklung des Sport- und Freizeitzentrums Andershof/Devin
vorgesehen. Neben der Grundversorgung (Schule, Bevölkerung) sollten hier
weitere Sport- und Freizeiteinrichtungen auch kommerziellen Charakters eingeordnet
werden. Gemäß Sportstättenentwicklungsplanung der Stadt besteht ein Bedarf
dieser Größenordnung auf absehbare Zeit jedoch nicht. Daher kann der Standort
einer anderen Nutzung zugeführt werden. In Übereinstimmung mit der
Sportstättenentwicklungsplanung soll ein Fußballfeld als Soccerbox in der
Planung Berücksichtigung finden.
Beschlussvorschlag:
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:
1. Für das im Stadtgebiet Süd, Stadtteil Andershof gelegene Gebiet
„Wohngebiet östlich der Brandshäger Straße“ soll ein Bebauungsplan gemäß
§ 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt werden.
Das ca. 9,7 ha große Plangebiet umfasst die Flächen der Gemarkung
Andershof, Flur 4, Flurstücke 4, 5, 6, 10, 11 (anteilig) und 12. Es wird im
Süden durch den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 8 „Hanse-Einkaufspark“
(Möbel Albers/Hammer), im Westen durch die Brandshäger Straße, im Norden durch
den Deviner Weg und im Osten durch den Bebauungsplan Nr. 42 „Wohngebiet südlich
des Deviner Weges“ begrenzt (s. Anlage).
2. Ziel der Planung ist die Entwicklung eines allgemeinen Wohngebietes
vorrangig für den Einfamilienhausbau. Entlang der Brandshäger Straße sind
Mehrfamilienhäuser vorgesehen. Die Besonderheiten des Standortes als südlicher
Ortseingang sind bei der Planung zu berücksichtigen.
3. Der rechtswirksame Flächennutzungsplan, genehmigt mit Bescheid der höheren
Verwaltungsbehörde vom 08.05.1999, Az. 512.111-05.000, soll für die ca.
9,7 ha große Teilfläche östlich der Brandshäger Straße geändert werden.
Der im Flächennutzungsplan bisher als Grünfläche mit der Zweckbestimmung
„Sportplatz“ dargestellte Änderungsbereich soll nun überwiegend als
Wohnbaufläche dargestellt werden.
Der dem Flächennutzungsplan beigeordnete Landschaftsplan ist ebenfalls
zu ändern.
4. Der Beschluss ist ortsüblich bekannt zu machen.
Lösungsvorschlag:
Es soll gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan mit Umweltbericht
und Grünordnungsplan aufgestellt werden. Geplant ist ein Allgemeines Wohngebiet
mit den notwendigen Grün- und Verkehrsflächen.
Mit der geplanten Entwicklung am vorgesehenen Standort kann in einem
Stadtgebiet, welches infrastrukturell gut erschlossen ist, weiterer Wohnraum
geschaffen werden. Es soll ein Wohnungsbaustandort entstehen, dessen Bebauung
möglichst von der naturräumlichen Stadtrandlage profitiert und der sich
harmonisch in die Umgebung einfügt. Da das neue Wohngebiet den südlichen
Ortseingang definiert, ist in besonderem Maße auf eine strukturierte und
ansprechende städtebauliche Qualität zu achten.
Das bebaute Grundstück Brandshäger Straße 5, 7 und 9 (Flurstück 11) soll
in die Planung integriert werden. Im Falle einer Nutzungsaufgabe ist dann eine
bauliche Nutzung nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes möglich. Dadurch
kann für das Gesamtareal ein einheitliches städtebauliches Konzept entwickelt werden.
Die städtebaulichen Konzeptideen zielen auf 6 Mehrfamilienhäuser entlang
der Brandshäger Straße. Im rückwertigen Bereich könnten etwa 90
Einfamilienhäuser als Reihen-, Doppel- und freistehende Einzelhäuser angeordnet
werden. Ein Grünzug im Bereich der vernässten Senke bietet sich als
Retentionsfläche für Regenwasser an. Wegebeziehungen zu Haltestellen des
Nahverkehrs und in das angrenzende Wohngebiet des Bebauungsplanes Nr. 42 sollen
in der Planung berücksichtigt werden. Im nördlichen Bereich soll am Deviner Weg
ein Fußballfeld und ein Spielplatz integriert werden.
Der östlich und südlich angrenzende Gehölzbestand ist teilweise als Wald
im Sinne des § 2 LWaldG anzusehen. Der in das Plangebiet hineinragende
30 m-Waldabstand soll im Verfahren Berücksichtigung finden.
Aufgrund der Grünflächendarstellung im rechtswirksamen
Flächennutzungsplan kann die nun geplante bauliche Nutzung nicht gem. § 8
Abs. 2 BauGB aus dem FNP entwickelt werden. Um diesem Entwicklungsgebot
entsprechen zu können, müssen die Darstellungen des Flächennutzungsplans
geändert werden. Der Bereich soll nun überwiegend als Wohnbaufläche dargestellt
werden.
Der dem FNP beigeordnete Landschaftsplan stellt das Plangebiet als
spezielle Grünfläche und überlagernd als Sportplatz dar. Die Randbereiche sind
als waldartige Gehölzstruktur dargestellt, im Plan sind hier drei geschützte
Biotope gekennzeichnet. Der Landschaftsplan soll den Standort zukünftig
überwiegend als Baufläche darstellen.
Zum Bebauungsplan wird ein Grünordnungsplan erstellt, der die Eingriffe
in Natur und Landschaft erfasst und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen festlegt.
Die Durchführung der Gebietserschließung, Kompensationsmaßnahme usw. für
die geplante Wohnungsbauentwicklung wird zwischen dem Vorhaben- und
Erschließungsträger, der Stadt und der REWA mbH vor Abschluss des
Planverfahrens in einem Erschließungsvertrag geregelt.
Alternativen:
An diesem Standort besteht kein Baurecht für eine Wohngebietsentwicklung
nach § 34 BauGB. Wenn hier ein Wohnungsbaustandort entstehen soll, gibt es
zur Aufstellung eines Bebauungsplanes und zur Änderung des Flächennutzungs- und
Landschaftsplanes keine Alternative.