Sachverhalt:
Zur Stärkung der digitalen Wirtschaft sollen nach dem Willen der
Landesregierung an jedem Hochschulstandort in M-V regionale Startup- und
digitale Innovationszentren entstehen. Ziel ist die Schaffung und Unterstützung
einer Gründerszene für Gründungsinteressierte und Gründungswillige zur
Entwicklung von Innovationen für Startups, Unternehmen, Wissenschaft und
Verwaltung.
Dafür soll in der Hansestadt Stralsund ein zukunftsfähiger Wirtschafts-
und Wissenschaftscampus entstehen. Als dafür geeigneter Vorzugsstandort wurde
das Areal zwischen der Prohner Straße und der Parower Chaussee identifiziert,
welches in der Nähe der Hochschule westlich der Deutschen Rentenversicherung
liegt. Am Standort besteht jedoch kein Baurecht für das Vorhaben. Um Baurecht
zu schaffen, soll ein Bebauungsplan aufgestellt werden.
Das etwa 20 ha große Plangebiet liegt im Stadtgebiet Knieper,
Stadtteil Knieper Nord, zwischen der Prohner Straße (L 213) und der
Parower Chaussee. Nördlich an diesen Standort schließt sich der Vorhaben- und
Erschließungsplan Nr. 11 „Wohngebiet westlich der Parower Chaussee“ mit
überwiegender Einfamilienhausbebauung an, östlich befindet sich die Parower
Chaussee und daran anschließend das Verwaltungsgebäude der Deutschen
Rentenversicherung und des Finanzamtes Stralsund. Im Süden wird das Plangebiet
von der Kleingartenanlage „Knieper Nord“ und im
Westen von der Prohner Straße begrenzt. Nordwestlich grenzt der
Planbereich an die Stadtgrenze der Hansestadt Stralsund. Daran schließt sich
der offene Landschaftsraum der Gemeinde Kramerhof mit intensiv genutzten
Ackerflächen an.
Bei dem Plangebiet handelt es sich um eine bisher überwiegend
landwirtschaftlich genutzte und dreiseitig in den Siedlungsbereich eingebundene
Fläche. Im östlichen Bereich befindet sich ein Gehölzbestand, von dem eine ca.
8.500 m² große Teilfläche als Wald im Sinne des § 2 LWaldG M-V
einzustufen ist. Südlich davon liegt die bewirtschaftete Stellplatzanlage für
den Gebäudekomplex Deutsche Rentenversicherung/Finanzamt. Die Flächen stehen im
Eigentum der Hansestadt Stralsund.
Als Ankerpunkt soll der Wirtschafts- und Wissenschaftscampus Stralsund
(WWS) die umfassende Kompetenz in den Schlüsselbranchen der Digitalisierung am
Standort bündeln und Wirtschaft, Startup-Szene, Wissenschaft und Investoren in
Stralsund zusammenbringen. Zum WWS soll als ein wesentlicher Bestandteil das
zukünftige IT-Center Vorpommern mit ca. 11.000 m² Fläche für Büros,
Fabrikationslabore (FabLabs), Co-Creation/-Working Spaces, Konferenz- und
Besprechungsräume sowie gastronomischen Einrichtungen gehören. Weiterhin sind
ein Rechenzentrum, Gebäude für Forschung und Entwicklung in den Themen IT,
Gesundheit, Robotik und Verbundforschung zuzüglich skalierbarer
Erweiterungsflächen sowie weitere Bauflächen für Ausgründungen und
Neuansiedlungen geplant. Ergänzend soll geprüft werden, inwieweit Einrichtungen
der sozialen Infrastruktur (bspw. Kita, Seniorengarten) vorgehalten werden
können, um die Attraktivität als Arbeitsort für Beschäftigte zu steigern.
Besondere Standortanforderungen werden durch das geplante Rechenzentrum
der Sicherheitsstufe 3 gestellt. Gemäß Kriterienkatalog des TÜV Rheinland zum
Audit von Serverräumen und Rechenzentren werden bestimmte Anforderungen
definiert, die für die physikalische Sicherheit und Verfügbarkeit der Systeme
von existenzieller Bedeutung sind. Unter anderem werden Mindestabstände zu
elektromagnetischen Störquellen, zu explosionsgefährdeten Produktions- und
Lagerstätten bzw. Leitungen und zu Hauptverkehrsstraßen bzw. Verkehrswegen mit Gefahrguttransport
vorgegeben. Ausschlusskriterien, wie zum Beispiel die Lage in
überflutungsgefährdeten Bereichen, sind zu beachten. Im Ergebnis dieser
Standortprüfung kommt auf dem Gebiet der Hansestadt Stralsund aufgrund der
hohen Sicherheitsanforderungen ausschließlich das vorgeschlagene Areal für ein
Level-3-Rechenzentrum in Frage. Dieses sowie die räumliche Nähe zur Hochschule
Stralsund und zum Boreus Rechenzentrum begründen die Grundsatzentscheidung zum
Standort des geplanten WWS, die darüber hinaus auch die schnelle Verfügbarkeit
skalierbarer Flächen berücksichtigt.
Die Liegenschaftsentwicklungsgesellschaft der Hansestadt Stralsund (LEG)
beabsichtigt als Projektentwickler, das Gelände des Wirtschafts- und
Wissenschaftscampus zu erschließen.
Im Gebiet befindet sich eine Kompostieranlage des städtischen
Zentralfriedhofs. Die Verwertung der organischen Abfälle aus der
Friedhofsbewirtschaftung erfolgt im Mietenkompostierverfahren. Für die Anlage
ist eine alternative Lösung zu finden.
Der rechtswirksame Flächennutzungsplan (FNP) der Hansestadt Stralsund
stellt das Plangebiet als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“ dar.
Aufgrund der sinkenden Bestattungszahlen, der Verkürzung von
Grabnutzungszeiten, dem Wechsel von Erd- auf Urnenbestattungen und alternativer
Bestattungsformen (Seebestattungen und Friedwälder) ergibt sich auf dem
Zentralfriedhof eine positive Flächenbilanz für die nächsten Jahrzehnte. Damit
wird die Friedhofserweiterung auch zukünftig nicht benötigt und der Standort
des „Neuen Friedhofs“ kann einer anderen Nutzung zugeführt werden.
Beschlussvorschlag:
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:
1. Für das im Stadtteil Knieper Nord gelegene Gelände westlich der
Deutschen Rentenversicherung und nördlich der Kleingartenanlage „Knieper Nord“
soll ein Bebauungsplan gemäß § 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt werden.
Das ca. 20 ha große Plangebiet umfasst in der Gemarkung Stralsund,
Flur 2 die Flurstücke 2/1, 3/1, 10/40, 4/1, 2/29 und 3/2. Es wird begrenzt im
Norden durch die Stadtgrenze zur Gemeinde Kramerhof und den Vorhaben- und Erschließungsplan
Nr. 11 „Wohngebiet westlich der Parower Chaussee“ der Hansestadt Stralsund, im
Osten durch die Parower Chaussee, im Süden durch die Kleingartenanlage „Knieper
Nord“ und im Westen durch die Prohner Straße (s. Anlage).
2. Ziel der Planung ist die Entwicklung eines Wirtschafts- und
Wissenschaftscampus und die Errichtung eines IT-Centers als wesentlicher
Bestandteil des Vorhabens. Ergänzend können Einrichtungen der sozialen
Infrastruktur vorgesehen werden.
3. Der rechtswirksame Flächennutzungsplan, genehmigt mit Bescheid der
höheren Verwaltungsbehörde vom 08.05.1999, Az. 512.111-05.000, ist für die etwa
20 ha große Teilfläche nördlich der Kleingartenanlage „Knieper Nord“,
zwischen Prohner Straße und Parower Chaussee, zu ändern (s. Anlage). Der im
Flächennutzungsplan bisher als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“
dargestellte Änderungsbereich soll nun überwiegend als gewerbliche Baufläche
dargestellt werden.
Der dem Flächennutzungsplan beigeordnete Landschaftsplan ist ebenfalls
zu ändern.
4. Der Beschluss
ist ortsüblich bekannt zu machen.
Lösungsvorschlag:
Für das geplante Wirtschafts- und Wissenschaftszentrum soll gemäß
§ 2 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan mit Umweltbericht und Grünordnungsplan
aufgestellt werden. Geplant ist ein Gewerbegebiet für nicht störende
Gewerbebetriebe der IT-Branche und anderer zukunftsfähiger Themenfelder.
Die verkehrliche Anbindung an das äußere Verkehrsnetz sowie die innere
Verkehrserschließung sind neu herzustellen. Es soll eine Anbindung an die
Prohner Straße und an die Parower Chaussee erfolgen. Die technische
Erschließung ist neu herzustellen und muss in die vorhandenen öffentlichen
Netze eingebunden werden.
Im Planbereich befindet sich eine bewirtschaftete Stellplatzanlage, die
dem Bedarf der Deutschen Rentenversicherung und des Finanzamtes dient. Daher
ist im Plangebiet zusätzlich zum Stellplatzbedarf der geplanten Nutzungen eine
angemessen dimensionierte Stellplatzanlage für den Bedarf der angrenzenden
Bestandsgebäude unterzubringen.
Der vorhandene Wald ist zu berücksichtigen. Zum Bebauungsplan wird ein
Grünordnungsplan erstellt, der die Eingriffe in Natur und Landschaft erfasst
und beurteilt. Entsprechende Ausgleichsmaßnahmen sind festzulegen.
Die Durchführung der Gebietserschließung und Kompensationsmaßnahmen für
die geplante Entwicklung wird zwischen der LEG, der Stadt und der REWA mbH vor
Abschluss des Planverfahrens in einem Erschließungsvertrag geregelt.
Aufgrund der Grünflächendarstellung im rechtswirksamen
Flächennutzungsplan kann die nun geplante bauliche Nutzung nicht gem. § 8
Abs. 2 BauGB aus dem FNP entwickelt werden. Mit der Aufstellung des
Bebauungsplanes ist daher parallel der Flächennutzungsplan zu ändern. Der dem
FNP beigeordneten Landschaftsplan stellt das Plangebiet überwiegend als
spezielle Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“ dar. Die Randbereiche
sind als waldartige Gehölzstruktur dargestellt. Entlang der südlichen Grenze
verläuft gemäß Landschaftsplan eine wichtige Rad- und Fußwegeverbindung, die
aufgrund der Unzugänglichkeit des Geländes bisher jedoch nicht ausgebildet ist.
Der dem Flächennutzungsplan beigeordnete Landschaftsplan ist daher ebenfalls zu
ändern.
Alternativen:
Auf dem Gebiet der Hansestadt Stralsund kommt aufgrund der hohen
Sicherheitsanforderungen für ein Level-3-Rechenzentrum nur das vorgeschlagene
Areal an der Prohner Straße in Frage. Die erforderliche Nähe zur Hochschule
Stralsund zwecks gemeinsamer Forschungsvorhaben, die frühzeitige Bindung der
Studenten an die Unternehmen und die Möglichkeit zur Schaffung skalierbarer
Flächen für Erweiterungen und Neuansiedlungen von Unternehmen einschließlich
Startups vorrangig aus dem IT-Bereich sowie die Grundstücksverfügbarkeit sind
weitere wichtige Standortvoraussetzungen, die nur hier voll umfänglich erfüllt
werden können. Gleichwertige Standortalternativen stehen daher innerhalb des
Stadtgebietes nicht zur Verfügung.
Um die im Plangebiet beabsichtigten Nutzungen unterzubringen, besteht zu
einem Bebauungsplanverfahren und zur Änderung des Flächennutzungsplans keine
Alternative.