Betreff
Bebauungsplan Nr. 69 der Hansestadt Stralsund „Wirtschafts- und Wissenschaftscampus in Knieper Nord, westlich der Parower Chaussee“, Aufstellungsbeschluss und Einleitung des 19. Änderungsverfahrens des Flächennutzungsplanes der Hansestadt Stralsund
Vorlage
B 0033/2019
Art
Beschlussvorlage Bürgerschaft

Sachverhalt:

Zur Stärkung der digitalen Wirtschaft sollen nach dem Willen der Landesregierung an jedem Hochschulstandort in M-V regionale Startup- und digitale Innovationszentren entstehen. Ziel ist die Schaffung und Unterstützung einer Gründerszene für Gründungsinteressierte und Gründungswillige zur Entwicklung von Innovationen für Startups, Unternehmen, Wissenschaft und Verwaltung.

 

Dafür soll in der Hansestadt Stralsund ein zukunftsfähiger Wirtschafts- und Wissenschaftscampus entstehen. Als dafür geeigneter Vorzugsstandort wurde das Areal zwischen der Prohner Straße und der Parower Chaussee identifiziert, welches in der Nähe der Hochschule westlich der Deutschen Rentenversicherung liegt. Am Standort besteht jedoch kein Baurecht für das Vorhaben. Um Baurecht zu schaffen, soll ein Bebauungsplan aufgestellt werden.

 

Das etwa 20 ha große Plangebiet liegt im Stadtgebiet Knieper, Stadtteil Knieper Nord, zwischen der Prohner Straße (L 213) und der Parower Chaussee. Nördlich an diesen Standort schließt sich der Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 11 „Wohngebiet westlich der Parower Chaussee“ mit überwiegender Einfamilienhausbebauung an, östlich befindet sich die Parower Chaussee und daran anschließend das Verwaltungsgebäude der Deutschen Rentenversicherung und des Finanzamtes Stralsund. Im Süden wird das Plangebiet von der Kleingartenanlage „Knieper Nord“ und im  Westen von der Prohner Straße begrenzt. Nordwestlich grenzt der Planbereich an die Stadtgrenze der Hansestadt Stralsund. Daran schließt sich der offene Landschaftsraum der Gemeinde Kramerhof mit intensiv genutzten Ackerflächen an.

 

Bei dem Plangebiet handelt es sich um eine bisher überwiegend landwirtschaftlich genutzte und dreiseitig in den Siedlungsbereich eingebundene Fläche. Im östlichen Bereich befindet sich ein Gehölzbestand, von dem eine ca. 8.500 m² große Teilfläche als Wald im Sinne des § 2 LWaldG M-V einzustufen ist. Südlich davon liegt die bewirtschaftete Stellplatzanlage für den Gebäudekomplex Deutsche Rentenversicherung/Finanzamt. Die Flächen stehen im Eigentum der Hansestadt Stralsund.

 

Als Ankerpunkt soll der Wirtschafts- und Wissenschaftscampus Stralsund (WWS) die umfassende Kompetenz in den Schlüsselbranchen der Digitalisierung am Standort bündeln und Wirtschaft, Startup-Szene, Wissenschaft und Investoren in Stralsund zusammenbringen. Zum WWS soll als ein wesentlicher Bestandteil das zukünftige IT-Center Vorpommern mit ca. 11.000 m² Fläche für Büros, Fabrikationslabore (FabLabs), Co-Creation/-Working Spaces, Konferenz- und Besprechungsräume sowie gastronomischen Einrichtungen gehören. Weiterhin sind ein Rechenzentrum, Gebäude für Forschung und Entwicklung in den Themen IT, Gesundheit, Robotik und Verbundforschung zuzüglich skalierbarer Erweiterungsflächen sowie weitere Bauflächen für Ausgründungen und Neuansiedlungen geplant. Ergänzend soll geprüft werden, inwieweit Einrichtungen der sozialen Infrastruktur (bspw. Kita, Seniorengarten) vorgehalten werden können, um die Attraktivität als Arbeitsort für Beschäftigte zu steigern.

 

Besondere Standortanforderungen werden durch das geplante Rechenzentrum der Sicherheitsstufe 3 gestellt. Gemäß Kriterienkatalog des TÜV Rheinland zum Audit von Serverräumen und Rechenzentren werden bestimmte Anforderungen definiert, die für die physikalische Sicherheit und Verfügbarkeit der Systeme von existenzieller Bedeutung sind. Unter anderem werden Mindestabstände zu elektromagnetischen Störquellen, zu explosionsgefährdeten Produktions- und Lagerstätten bzw. Leitungen und zu Hauptverkehrsstraßen bzw. Verkehrswegen mit Gefahrguttransport vorgegeben. Ausschlusskriterien, wie zum Beispiel die Lage in überflutungsgefährdeten Bereichen, sind zu beachten. Im Ergebnis dieser Standortprüfung kommt auf dem Gebiet der Hansestadt Stralsund aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen ausschließlich das vorgeschlagene Areal für ein Level-3-Rechenzentrum in Frage. Dieses sowie die räumliche Nähe zur Hochschule Stralsund und zum Boreus Rechenzentrum begründen die Grundsatzentscheidung zum Standort des geplanten WWS, die darüber hinaus auch die schnelle Verfügbarkeit skalierbarer Flächen berücksichtigt.

 

Die Liegenschaftsentwicklungsgesellschaft der Hansestadt Stralsund (LEG) beabsichtigt als Projektentwickler, das Gelände des Wirtschafts- und Wissenschaftscampus zu erschließen.

 

Im Gebiet befindet sich eine Kompostieranlage des städtischen Zentralfriedhofs. Die Verwertung der organischen Abfälle aus der Friedhofsbewirtschaftung erfolgt im Mietenkompostierverfahren. Für die Anlage ist eine alternative Lösung zu finden.

 

Der rechtswirksame Flächennutzungsplan (FNP) der Hansestadt Stralsund stellt das Plangebiet als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“ dar. Aufgrund der sinkenden Bestattungszahlen, der Verkürzung von Grabnutzungszeiten, dem Wechsel von Erd- auf Urnenbestattungen und alternativer Bestattungsformen (Seebestattungen und Friedwälder) ergibt sich auf dem Zentralfriedhof eine positive Flächenbilanz für die nächsten Jahrzehnte. Damit wird die Friedhofserweiterung auch zukünftig nicht benötigt und der Standort des „Neuen Friedhofs“ kann einer anderen Nutzung zugeführt werden.

 


Beschlussvorschlag:

Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:

 

1. Für das im Stadtteil Knieper Nord gelegene Gelände westlich der Deutschen Rentenversicherung und nördlich der Kleingartenanlage „Knieper Nord“ soll ein Bebauungsplan gemäß § 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt werden.

Das ca. 20 ha große Plangebiet umfasst in der Gemarkung Stralsund, Flur 2 die Flurstücke 2/1, 3/1, 10/40, 4/1, 2/29 und 3/2. Es wird begrenzt im Norden durch die Stadtgrenze zur Gemeinde Kramerhof und den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 11 „Wohngebiet westlich der Parower Chaussee“ der Hansestadt Stralsund, im Osten durch die Parower Chaussee, im Süden durch die Kleingartenanlage „Knieper Nord“ und im Westen durch die Prohner Straße (s. Anlage).

 

2. Ziel der Planung ist die Entwicklung eines Wirtschafts- und Wissenschaftscampus und die Errichtung eines IT-Centers als wesentlicher Bestandteil des Vorhabens. Ergänzend können Einrichtungen der sozialen Infrastruktur vorgesehen werden.

 

3. Der rechtswirksame Flächennutzungsplan, genehmigt mit Bescheid der höheren Verwaltungsbehörde vom 08.05.1999, Az. 512.111-05.000, ist für die etwa 20 ha große Teilfläche nördlich der Kleingartenanlage „Knieper Nord“, zwischen Prohner Straße und Parower Chaussee, zu ändern (s. Anlage). Der im Flächennutzungsplan bisher als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“ dargestellte Änderungsbereich soll nun überwiegend als gewerbliche Baufläche dargestellt werden.

Der dem Flächennutzungsplan beigeordnete Landschaftsplan ist ebenfalls zu ändern.

 

4. Der Beschluss ist ortsüblich bekannt zu machen.

 


Lösungsvorschlag:

Für das geplante Wirtschafts- und Wissenschaftszentrum soll gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan mit Umweltbericht und Grünordnungsplan aufgestellt werden. Geplant ist ein Gewerbegebiet für nicht störende Gewerbebetriebe der IT-Branche und anderer zukunftsfähiger Themenfelder.

 

Die verkehrliche Anbindung an das äußere Verkehrsnetz sowie die innere Verkehrserschließung sind neu herzustellen. Es soll eine Anbindung an die Prohner Straße und an die Parower Chaussee erfolgen. Die technische Erschließung ist neu herzustellen und muss in die vorhandenen öffentlichen Netze eingebunden werden.

 

Im Planbereich befindet sich eine bewirtschaftete Stellplatzanlage, die dem Bedarf der Deutschen Rentenversicherung und des Finanzamtes dient. Daher ist im Plangebiet zusätzlich zum Stellplatzbedarf der geplanten Nutzungen eine angemessen dimensionierte Stellplatzanlage für den Bedarf der angrenzenden Bestandsgebäude unterzubringen.

 

Der vorhandene Wald ist zu berücksichtigen. Zum Bebauungsplan wird ein Grünordnungsplan erstellt, der die Eingriffe in Natur und Landschaft erfasst und beurteilt. Entsprechende Ausgleichsmaßnahmen sind festzulegen.

 

Die Durchführung der Gebietserschließung und Kompensationsmaßnahmen für die geplante Entwicklung wird zwischen der LEG, der Stadt und der REWA mbH vor Abschluss des Planverfahrens in einem Erschließungsvertrag geregelt.

 

Aufgrund der Grünflächendarstellung im rechtswirksamen Flächennutzungsplan kann die nun geplante bauliche Nutzung nicht gem. § 8 Abs. 2 BauGB aus dem FNP entwickelt werden. Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes ist daher parallel der Flächennutzungsplan zu ändern. Der dem FNP beigeordneten Landschaftsplan stellt das Plangebiet überwiegend als spezielle Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Friedhof“ dar. Die Randbereiche sind als waldartige Gehölzstruktur dargestellt. Entlang der südlichen Grenze verläuft gemäß Landschaftsplan eine wichtige Rad- und Fußwegeverbindung, die aufgrund der Unzugänglichkeit des Geländes bisher jedoch nicht ausgebildet ist. Der dem Flächennutzungsplan beigeordnete Landschaftsplan ist daher ebenfalls zu ändern.

 


Alternativen:

Auf dem Gebiet der Hansestadt Stralsund kommt aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen für ein Level-3-Rechenzentrum nur das vorgeschlagene Areal an der Prohner Straße in Frage. Die erforderliche Nähe zur Hochschule Stralsund zwecks gemeinsamer Forschungsvorhaben, die frühzeitige Bindung der Studenten an die Unternehmen und die Möglichkeit zur Schaffung skalierbarer Flächen für Erweiterungen und Neuansiedlungen von Unternehmen einschließlich Startups vorrangig aus dem IT-Bereich sowie die Grundstücksverfügbarkeit sind weitere wichtige Standortvoraussetzungen, die nur hier voll umfänglich erfüllt werden können. Gleichwertige Standortalternativen stehen daher innerhalb des Stadtgebietes nicht zur Verfügung.

 

Um die im Plangebiet beabsichtigten Nutzungen unterzubringen, besteht zu einem Bebauungsplanverfahren und zur Änderung des Flächennutzungsplans keine Alternative.