Sachverhalt:
Vorgeschichte:
Das Land gestaltete die Theaterfinanzierung ab 2014 neu. Von dem jährlichen Gesamtvolumen in Höhe von 35,8 Mio. EUR zur Förderung der Theater und Orchester im Land bewirtschaftet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur seitdem Mittel in Höhe von 24,9 Mio. EUR in eigener Ressortzuständigkeit. Zusätzlich fließen weiterhin 10,9 Mio. EUR aus FAG-Mitteln im Wege des Vorwegabzugs.
Mit Auszahlungserlass des Ministeriums vom 23. Dezember 2014, der mit dem Abschluss von Zielvereinbarungen der kommunalen Theaterträger verbunden war, wurden die Zuweisungsbedingungen und die Auszahlungsmodalitäten für die Zuweisungen in 2014 und 2015 bestimmt. Die Mittelverteilung knüpft unmittelbar an den Durchschnitt der Zuweisungssummen 2011 bis 2013 des FAG M-V und die vollständige Ausreichung der Mittel ist an das laufende Verfahren zur Entwicklung langfristig tragfähiger Theater- und Orchesterstrukturen gebunden. Nach dem Erlass bestand deshalb die Möglichkeit, die Zuweisungen um bis zu 10 % an die Erfüllung von inhaltlichen Zielstellungen anzupassen.
Die für das Mehrspartentheater Vorpommern vorgesehenen Mittel wurden in 2014 vollständig ausgereicht.
Im Rahmen eines Gespräches beim Ministerpräsidenten am 12. Dezember 2014 unterbreitete die Landesregierung den Theaterträgern im den östlichen Landesteil ein Angebot – das sogenannte Eckpunktepapier – für die Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen. Das Angebot sah die Fusion des Theaters Vorpommern und der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz zu einem "Staatstheater Nordost" vor, ohne dass es zu betriebsbedingten Kündigungen komme.
Zum Eckwertepapier hat die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund am 12. März 2015 einen Beschluss gefasst, der den Oberbürgermeister ermächtigt, gemäß den beschlossenen Prämissen Verhandlungen mit den Vertragspartnern Land und den Gesellschaftern der Theater- und Orchestergesellschaft Neubrandenburg/Neustrelitz zu führen sowie zu prüfen und mit dem Land parallel zu verhandeln, ob auf Basis des Städtetheatermodells eine Autonomie des Theaters Vorpommern möglich ist (siehe Beschluss 2015-VI-02-0167).
Beschlussvorschlag:
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:
1.
Die Zielvereinbarung des Landes mit Stand vom 24.07.2015 wird zur Kenntnis genommen.
2.
Die Bürgerschaft stellt fest, dass die beschlossenen Forderungen gemäß Beschluss 2015-VI -02-0167 vom 12.03.2015 im Wesentlichen keine Berücksichtigung bei der Erstellung des Angebotes des Landes fanden.
3.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in Abstimmung mit den beiden anderen Gesellschaftern der Theater Vorpommern GmbH, das Angebot des Landes anzunehmen und vorbehaltlich der Zustimmung aller Vertragsparteien zu unterzeichnen.
4.
Die Forderung bei der Gestaltung der neuen Gesellschaft „Staatstheater Nordost“ nach einer ausgewogenen und gerechten Verteilung des Spielplanes auf die Theaterstandorte, entsprechend ihrer Förderung und deren Dynamisierung, angemessen zu berücksichtigen, ist im Rahmen der Fusionsverhandlungen weiter umzusetzen. Des Weiteren sind die im Rahmen der anstehenden Fusionsverhandlungen in den Arbeitsgruppen sowie der Projektsteuergruppe die mit Beschluss 2015-VI -02-0167 vom 12.03.2015 getroffenen Bedingungen weiter zu verfolgen und zu verhandeln.
Lösungsvorschlag:
Sachdarstellung
und Begründung der Beschlussempfehlung
Aufgrund der
unterschiedlichen Beschlusslagen der kommunalen Theaterträger fand beim
Staatssekretär des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur eine
Besprechung am 28. Mai 2015 statt. In der Folge legte das Land ein Angebot zum
Eckwertepapier in Form einer neuen Zielvereinbarung für die Finanzierung in
2016 und 2017 vor. Nach dem Willen des Ministeriums sollen ab 2016 die
Festlegungen im Rahmen eines landesweiten Konzeptes für Theater- und
Orchesterstrukturen Grundlage für die Mittelverteilung sein.
Dazu fand auf
oberster Verwaltungsebene eine weitere Beratung am 13. Juli 2015 beim Ministerium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur statt. Der Minister legte daraufhin mit
Schreiben vom 24. Juli 2015 eine neue Fassung der Zielvereinbarung vor. Dieses
Angebot des Landes wird bis zum 31.
Oktober 2015 aufrechterhalten.
Nach Auffassung der Gesellschaftervertreter der Theater Vorpommern GmbH
fanden die Forderungen aus den gefassten Beschlüssen der
Vertretungskörperschaften im Wesentlichen keine Berücksichtigung. Das betrifft
insbesondere
Ø
die
Forderung nach einer gerechten Zuschuss-/Gegenleistungsverteilung zwischen den
kommunalen Gesellschaftern,
Ø
einem
zentralen und wirtschaftlichen Standort für die Theaterwerkstätten und
Ø
nach
der alleinigen Übernahme von eventuellen Mehrkosten durch das Land.
Ø
Daneben
wurde auch der Wunsch nach einem externen Moderator bei den Verhandlungen vom
Land abgelehnt.
Gegenüber dem
Eckpunktepapier beinhaltet die Zielvereinbarung folgende wesentliche
Konkretisierungen bzw. Änderungen:
- Land wird Mehrheitsgesellschafter,
- neben den
direkten sollen nunmehr auch die indirekten Zuschüsse beibehalten werden,
- die Finanzierung
von Mehrkosten bzw. weiteren Finanzierungslücken soll nach den
Zuschussanteilen der Träger erfolgen,
- das Land erwirbt
bereits vor der Fusion umfangreiche Mitspracherechte bei der Wirtschaftsplanaufstellung
und beim Wirtschaftsplanvollzug.
Aufgrund der
drohenden finanziellen Konsequenzen bei Nichtannahme des Angebots – Senkung des
Landeszuschusses um 549.384 EUR – und der mit betriebsbedingten Kündigungen
verbundenen Alternativen (Spartenschließungen) empfiehlt die Verwaltung, ebenso
wie der Aufsichtsrat der Theater Vorpommern GmbH in seiner Sitzung am 1.
September 2015, die Annahme dieser Zielvereinbarung durch die Träger der
Theater Vorpommern GmbH. Damit wäre ein wesentlicher Beitrag für die
Finanzierung der Theater Vorpommern GmbH für die Wirtschaftsjahre 2016 und 2017
verbunden. Darüber hinaus ist der Landesanteil von bis zu 10 Mio. EUR für die
Sanierung des Theaters Greifswald an die Zustimmung zur Zielvereinbarung
gebunden.
Im Rahmen der
anschließenden Fusionsverhandlungen ist das Optimum für die Theater Vorpommern
GmbH und seine Träger zu verhandeln. Die Bürgerschaft wird über die
entsprechenden Schritte unterrichtet, ggf. sind Beschlüsse einzuholen und zu
fassen.
Eine Zustimmung zur
der vorliegenden Zielvereinbarung ist noch nicht mit einer Zustimmung zur
eigentlichen Fusion verbunden. Nach Abschluss der Verhandlungen und Prüfung der
Ergebnisse müsste die Bürgerschaft mindestens noch einen Gründungs- bzw.
Verschmelzungsbeschluss fassen und dem Gesellschaftsvertrag für das neue
„Staatstheater Nord-Ost“ zustimmen.
Für den Fall, dass
die Träger und die kommunalen Gremien das Angebot des Landes
nicht annehmen,
werden folgende Alternativen nach Eckwertepapier aufgezeigt:
a) Autonomie
Sofern eine Fusion
nicht zustande kommt, respektiert das Land die Entscheidungsrechte der
kommunalen Theaterträger zur Sanierung der Theater im östlichen
Kulturkooperationsraum in eigener Verantwortung (Metrum-Modell 1).
- Das Land beteiligt sich demgemäß nicht
gesellschaftsrechtlich an den kommunalen Theatern.
- Eine Beteiligung an der Übernahme etwaiger
zukünftiger Defizite der Theater durch das Land entfällt.
-
Das
Land stellt die jährlichen Basiszuschüsse bereit (TVP: 7,409 Mio. EUR). Sofern
die Theater Umstrukturierungsmaßnahmen einleiten, die zu einer nachgewiesen
nachhaltig tragfähigen wirtschaftlichen Perspektive führen, erhöht das Land die
Zuschüsse um jeweils 10 % auf die bereinigten Zuschüsse gemäß Anlage 1 des
FAG-Theatererlasses 2014/15 (TVP: 549.384 EUR).
b) Teilfusion
Sofern sich ein
einzelner Träger der Fusion nicht anschließt, wird das Land seinen
Finanzierungsbeitrag
gemäß FAG-Regelungen an diesen Träger auf ein Mindestmaß
reduzieren. Die
darüber hinausgehenden Mittel des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und
Kultur zur Sicherung einer nachhaltig tragfähigen Theater- und
Orchesterstruktur werden ausschließlich den fusionswilligen Trägern zur
Verfügung gestellt, sofern sie die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen und
die Strukturen für einen eigenständigen gemeinsamen Theaterbetrieb schaffen.
Das Land wird sich an
dieser Gesellschaft
gegebenenfalls beteiligen.
Die vorliegende
Zielvereinbarung führt in Abschnitt VII, weitere Festlegungen der
Vereinbarungspartner, zudem aus: „Im
Falle eines nicht einvernehmlichen Abweichens durch die kommunalen
Vertragspartner, die TOG und TVP, behält sich das Land vor, seine laufenden
Zuschüsse für den Theaterbetrieb zu reduzieren und seine Zusage zur Mitfinanzierung
der als notwendig anerkannten Baubedarfe zurückzuziehen.“
Städtetheatermodell
Gemäß Beschluss der
Bürgerschaft (2015-VI-02-0167 vom 12. März 2015, hier Punkt 2) war parallel zu
den Verhandlungen zu prüfen, ob eine Autonomie des Theaters Vorpommern bspw.
auf Basis des Städtetheatermodells, über das Jahr 2016 hinaus möglich ist. Zu
diesem Zweck wurde das Land mehrfach aufgefordert, Verhandlungen mit den
Vertretern der Träger der TVP aufzunehmen.
In einer Auswertung
des Landes von Solidar- und Städtetheatermodell, die den Oberbürgermeistern und
Landräten auf der Beratung am 28. Mai 2015 übergeben wurde, wurde festgestellt,
dass mit den Planrechnungen das Niveau des Flächentarifvertrages auch in 2020 –
wie im Fusionsfall vorgesehen – nicht erreicht wird und damit die Anforderungen
an eine nachhaltige Strukturreform nicht erfüllt werden. Zudem wurden
Zuschusssteigerungen seitens des Landes und der Städte angenommen, die nicht
geplant oder zugesagt wurden. Ohne langfristige Strukturentscheidungen wird es
nicht möglich sein, das vorhandene strukturelle Defizit zu reduzieren. Das Land
hat lt. Protokoll in der Beratung am 13. Juli 2015 mit den Oberbürgermeistern
und Landräten festgehalten, dass Autonomiemodelle keinen 100%-igen Zuschuss des
Landes gemäß dem Eckwertepapier vom 12. Dezember 2014 zulassen.
Parallel dazu hat
der Geschäftsführer des Theater Vorpommern, Herr Dirk Löschner, eine nochmalige
Prüfung des Städtetheater-/Autonomiemodells vorgenommen und verschiedene
Varianten bei verschiedenen Annahmen kalkuliert. Im Folgenden seien die
Entwicklungen der Zuschüsse der Hansestadt Stralsund im besten und im
schlechtesten Fall dargestellt:
|
Best Case Zuschusserhöhung HST von 3.080 T€ (2015)
auf |
Worst Case Zuschusserhöhung HST von 3.080 T€ (2015)
auf |
Flächentarif bis 2025 erreicht |
4.885,61
T€ (2025) |
7.433,48
T€ (2025) |
Flächentarif bis 2030 erreicht |
4.549,02 T€ (2025) 5.423,23
T€ (2030) |
6.773,04 T€ (2025) 9.097,92
T€ (2030) |
Quelle:
Zusammenstellung aus Berechnungen von Dirk Löschner, Geschäftsführer TVP
Dazugehörige
Annahmen:
Tariferhöhung
|
2,5% |
3,5
% |
Kürzung
Landeszuschuss um 10% |
Nein |
ja |
Dynamisierung
Landeszuschuss ab 2021 |
Ja |
Nein |
Zusatzzahlungen
Land ab 2017 zur Angleichung an den Flächentarif |
Ja |
Nein |
Es wird deutlich,
dass die für den besten Fall herangezogenen Annahmen einer genauen Prüfung
nicht standhalten. Das Städtetheatermodell wird – wie oben geschildert – durch
das Land als langfristig nicht tragfähig angesehen, da strukturelle Defizite
nicht beseitigt werden. Die damit verbundene Kürzung des Landeszuschusses um
549.384 EUR führt zu (weiteren) Defiziten, welche die Gesellschaft ohne weitere
Zuschüsse der Gesellschafter nicht ausgleichen kann. Die für die Umsetzung des
Städtetheatermodells erforderlichen Dynamisierungen und weiteren
Zusatzzahlungen des Landes zum Angleich an den Flächentarif wird es bei einem
aus Landessicht nicht tragfähigem Modell nach derzeitigem Stand nicht geben.
Aus diesem Grund war der Aufsichtsrat
der Theater Vorpommern GmbH mehrheitlich der Überzeugung, dass das
Städtetheatermodell nicht finanzierbar sei.
Aus den
vorstehenden Schilderungen kann abgeleitet werden, dass bei Festhalten an der
Selbständigkeit der Theater Vorpommern GmbH Spartenschließungen mit
betriebsbedingten Kündigungen bei der Theater Vorpommern GmbH unumgänglich sein
würden, da die kommunalen Träger die notwendigen Zuschusserhöhungen nicht
aufbringen können. Daneben würde im Vergleich zur Fusion auch ein Angleich an
den Flächentarif bis 2020 nicht
gelingen.
Finanzierung
Mit Annahme der
Zielvereinbarung verpflichtet sich die Hansestadt Stralsund, für die Jahre 2016
und 2017 seine bisherigen direkten und indirekten Zuschüsse beizubehalten. Erst
bei einer eventuellen Fusion ab 2018 bindet die Zielvereinbarung weiter
dahingehend, dass sich die künftigen Träger jetzt bereits verpflichten, sowohl
ein fortlaufendes Defizit i.H.v. 0,3 Mio. EUR gemeinschaftlich zu tragen als
auch die notwendigen und nicht noch bezifferbaren Dynamisierungen ab 2021
vorzunehmen. Eine im Rahmen der Fusion verbleibende Finanzierungslücke von 1,4
Mio. EUR ist zusätzlich durch „gemeinsame Anstrengungen“ zu schließen. Dies
betrifft auch höhere einmalige und laufende Finanzierungslücken, die nach
jetzigem Kenntnisstand nicht auszuschließen sind.
Sonstiges
Da sich die
Hansestadt Stralsund mit der Zustimmung zur Zielvereinbarung u.a. dazu bekennt,
auch zukünftig alle bisherigen direkten und indirekten Zuschüsse
aufrechtzuerhalten und die Ersteren ab 2021 zu dynamisieren, wird davon
ausgegangen, dass die Beschlussfassung gemäß § 55a der Kommunalverfassung M-V (langfristige
Verpflichtungen) der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen ist. Die Laufzeit der
Zahlungsverpflichtungen übersteigt den Finanzplanzeitraum der Hansestadt
Stralsund. Auf spätere Anzeigepflichten nach §§ 68 ff. der Kommunalverfassung
M-V, die die Zulässigkeit wirtschaftlicher Unternehmen und Einrichtungen
betreffen, wird verwiesen.
Alternativen:
Alternativen sind im Lösungsvorschlag angeführt.