Sitzung: 03.12.2024 Ausschuss für Familie, Soziales und Gleichstellung
Beschluss: zurückgestellt
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: AN 0113/2024
Frau Kothe-Woywode begründet den Antrag ihrer Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen/ SPD/ Die Partei/ Piratenpartei mit Bezug auf das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Die barrierefreie Übertragung der Bürgerschaftssitzungen soll dazu beitragen, dass keine Personen vom demokratischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess ausgeschlossen werden.
Herr Kuhn teilt mit, dass die Verwaltung eine Verpflichtung nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz prüfen wird.
Im Folgenden informiert Herr Kuhn die Ausschussmitglieder, dass die Umsetzung der barrierefreien Übertragung der Bürgerschaftssitzungen in Eigenregie durch die Hansestadt Stralsund nicht leistbar ist und die Beauftragung eines externen Dienstleistungsunternehmens notwendig wäre.
Weiterhin führt er aus, dass auf die Untertitelung bewusst verzichtet wurde, da eine fehlerfreie Darstellung nur bei einer absolut deutlichen Aussprache sowie bei der Vermeidung von Nebengeräuschen sichergestellt werden kann. Bei Missachtung der angeführten Aspekte droht eine fehlerbehaftete Wiedergabe. Durch den Anbieter des Livestreams könnte eine KI-basierte Übersetzung zur Verfügung gestellt werden, was mit Mehrkosten pro Sitzung i.H.v. 130-180 EUR netto verbunden wäre.
Nachgehend geht Herr Kuhn auf den Bereich der Gebärden ein. Der Verband der Gebärdendolmetschenden MV könnte sich die Übernahme der Übersetzung der Bürgerschaftssitzungen vorstellen. Angesichts der durchschnittlichen Sitzungslänge würden 2 sich abwechselnde Dolmetschende benötigt werden, um die Qualität der Übersetzung durchgehend zu gewährleisten. Für die Übersetzung berechnet der Verband einen Stundensatz, eine Anfahrtspauschale sowie eine Kilometerpauschale. Bei einer 4 stündigen Sitzung fallen damit Kosten i.H.v. 1.300 EUR netto für die Dolmetschenden an sowie 250 EUR netto für die zusätzliche Kamera, die den Splitscreen übernimmt.
Für den Personenkreis der Blinden und Sehbehinderten sind laut Anbieter des Livestreams aus den Empfehlungen der digitalen Barrierefreiheit nur einzelne Inhalte umsetzbar, da eine Ausspielung mit anderen Kontrasten o.Ä. nicht so einfach möglich ist.
Zur Orientierung der blinden Menschen könnte ein Anfangssprachtext aufgenommen werden. Sofern dies nicht durch die Sitzungsleitung erfolgt, käme eine KI-basierte Einspielung in Frage, wofür zusätzliche Kosten von ca. 150 EUR netto pro Sitzung anfallen.
Außerdem könnten Sprecher zum Einsatz kommen. Dies bedingt jedoch das relativ komplexe Schalten mehrerer Streams und verursacht ebenfalls einen Kostenmehraufwand i.H.v. 1.300 EUR netto je Sitzung.
Der Einsatz von einfachen Hilfestellungen wurde ebenfalls geprüft. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine Vorlesefunktion über das Bürgerinformationsportal gegenwärtig nicht einzurichten ist und die Umsetzung durch den Softwareanbieter sowie die damit verbundenen Kosten fraglich sind.
Herr Kuhn weist abschließend darauf hin, dass die vollumfängliche Umsetzung des Antrages in einer vertretbaren Qualität ein finanzielles Volumen von ca. 2.500 EUR bis 3.000 EUR je Sitzung einnimmt, was dazu führt, dass für die digitale Aufzeichnung der Bürgerschaftssitzungen Kosten von ca. 4.000 EUR netto pro Sitzung anfallen.
Herr Rietesel dankt für die Ausführungen. Angesichts der neuen Erkenntnisse plädiert er für die Verweisung in die Fraktionen.
Frau Zaepernick-Risch erfragt die Anzahl der in der Hansestadt Stralsund betroffenen Personen.
Herr Kuhn entgegnet, dass sich mit dem Livestream keine Nutzerzahl verifizieren lässt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass der Anteil relativ gering ist.
Frau Kothe-Woywode betont, dass die Wahrung des Minderheitenschutzes nicht außer Acht gelassen werden sollte. Ihrer Meinung nach steht dieser Schutz in keinem Verhältnis zu den Kosten und dem Nutzen.
Frau Krüger spricht sich ebenfalls für den Minderheitenschutz aus und befürwortet es, den Antrag zur Beratung in die Fraktionen zu verweisen.
Herr Seoudy weist auf die angespannte Haushaltssituation und die Entstehung erheblicher Mehrkosten hin. Um dem Ansinnen dennoch nachzukommen ist die Verwaltung bemüht, realistische und umsetzbare Alternativen zu finden. Aufgrund dessen gibt es die Überlegung, den Interessenverbänden im Nachgang der Sitzung die Sitzungsunterlagen sowie die Niederschrift zur Verfügung zu stellen und diese mit einer KI-gestützten Vorlesefunktion zu versehen.
Frau Friesenhahn berichtet aus ihrem beruflichen Alltag mit Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen.
Sie bestätigt, dass der betroffene Personenkreis in der Hansestadt Stralsund sehr gering ist. Darüber hinaus erläutert sie, dass Menschen mit einer Hör- sowie Sprachbehinderung auch für den gesellschaftlichen Bereich auf den Dolmetscherdienst zurückgreifen können, die anfallenden Kosten jedoch nicht unerheblich sind. Weiterhin bittet sie um Beachtung, dass dieser Personenkreis nur über einen geringen Wortschatz verfügt, der bei der Übersetzung kompensiert werden muss.
Zu den Menschen mit einer Sehbehinderung teilt sie mit, dass diese vordergründig in Regionen leben, in denen sie lernen mit der Einschränkung umzugehen und weitere Betroffene vor Ort sind.
Frau Friesenhahn findet, dass die Entwicklung der künstlichen Intelligenz vielversprechend ist und dieser Ansatz weiterverfolgt werden sollte. Sie spricht sich ebenfalls für einen Verweis in die Fraktionen aus.
Frau Krüger könnte sich vorstellen, dass ältere Menschen unter anderem die Vorlesefunktion ebenfalls in Anspruch nehmen.
Frau Kothe-Woywode möchte erfahren, ob die Aufzeichnungen aus dem Livestream im Nachgang in Gebärdensprache übersetzt und zur Verfügung gestellt werden könnten. Der finanzielle Aspekt sollte bei der Prüfung Berücksichtigung finden.
Herr Seoudy sichert die Prüfung der Alternativen zu.
Frau Ehlert spricht sich für die Findung eines nachhaltigen Ergebnisses aus.
Herr Rietesel stellt den Antrag Verweisantrag zur Abstimmung. Dem Antrag wird einstimmig zugestimmt.
Der Antrag AN 0113/2024 „Barrierefreie Übertragung der Bürgerschaftssitzung“
ist zur Beratung in die Fraktionen verwiesen.