Sitzung: 04.09.2014 Bürgerschaft
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Herr
Paul erklärt, dass nach § 8 Abs.3 Hauptsatzung jedes Mitglied eine Anfrage pro
Sitzung stellen kann.
Die
Anfrage kann bis zu drei Zusatzfragen enthalten; es muss sich aber um eine
Angelegenheit handeln. Der Präsident bittet dies zur Kenntnis zu nehmen und um
zukünftige Beachtung.
Herr
Gueffroy beantwortet die Anfrage wie folgt:
Zu
1.
Aus
mehreren Gründen ist es nicht möglich, die mit der Anfrage gewünschten Zahlen
zu liefern.
Zunächst
zielt die Frage sehr global auf alle offenen juristischen Verfahren, die die
Stadt führt. Es besteht aber jegliche Verwaltungstätigkeit aus juristischen
Verfahren. Denn dazu gehören alle Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren,
Bußgeldverfahren, Mahnverfahren und Klageverfahren.
Eine
derart umfassende Aufstellung anzufertigen, würde einen unverhältnismäßig hohen
Aufwand erfordern. Die gesamte Verwaltung wäre damit lange beschäftigt, wobei
die so gebundene Kapazität für das Kerngeschäft fehlen würde. Einen solchen
Kraftakt würde man sich vernünftigerweise nur dann unterziehen, wenn es gute
Gründe dafür gäbe.
Die
von Herrn Laack gegebene Begründung lässt jedoch keine derartigen Gründe
erkennen. Vielmehr deutet sie auf rechtsmissbräuchliche und ggf. rechtswidrige
Absichten hin.
Die
Anfrage suggeriert, dass die Stadt die von ihr geführten Verfahren alle selbst
einleitet und dass deren Zahl politisch beeinflussbar wäre. Beides ist so nicht
richtig.
Ein
großer Teil aller Verwaltungsverfahren wird durch Anträge der Bürger
eingeleitet. Und wo die Stadt in ihrer behördlichen Funktion von Amts wegen
Verwaltungsverfahren einleitet, kommt sie damit ihren gesetzlichen Aufgaben nach.
Bei
den verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren verhält es sich so, dass ganz
überwiegend die Stadt verklagt wird. Über 90 % der entsprechenden Prozesse
gewinnt die Stadt.
Bei
den zivilrechtlichen Klageverfahren, bei denen die Stadt durchaus öfter als
Klägerin tätig wird, geht es um die Durchsetzung von offenen Forderungen der
Stadt oder um die Abwehr von gegen die Stadt gerichteten Forderungen. Dazu
gehören z.B. auch die von der Stadt erhobenen Klagen wegen Nutzungsentgelt
gegen Nutzer des Gemeinschaftseigentums der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee und
der Hansestadt Stralsund in Neuendorf. Diese Verfahren sind aber einer
Sondersituation geschuldet, die in der Bürgerschaft bereits wiederholt
diskutiert wurde.
Jeder
Klage geht im Übrigen eine umfangreiche Prüfung hinsichtlich der
Erfolgsaussichten voraus. Aus diesem Grunde ist auch hier die Zahl der Fälle,
in denen die Stadt unterliegt, sehr gering. Überdies ist die Stadt bei den
zivilrechtlichen Klageverfahren von den Gerichtskosten befreit.
Angesichts
der hohen Erfolgsquote vor Gericht besteht somit kein Anlass über Möglichkeiten
zur Reduzierung der Prozesse nachzudenken.
Wollte
man trotzdem die Zahl der Klageverfahren reduzieren, ließe sich das auf
folgenden Wegen verwirklichen: Dem Bürger alles geben, was er begehrt.
Unangenehme, in die Rechte der Bürger eingreifende Bescheide zurücknehmen und
auf Forderungen wie z.B. Steuern und Grundstückspachten verzichten, wenn der Schuldner nicht zahlen
möchte.
Es
liegt auf der Hand, dass ein solches Verhalten rechtswidrig wäre. Denn es ist
die Pflicht der Verwaltung, die geltenden Gesetze umzusetzen und ggf. nach
pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. Politisch beeinflussbar ist die Zahl der
Verfahren daher nicht.
Im
Übrigen dürfte der überwiegende Teil der Verfahren auch nicht in die
Zuständigkeit der Bürgerschaft fallen, da sie zu den gemäß § 38 Abs. 5 KV M-V
dem Oberbürgermeister zugewiesenen Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
gehören.
Gleichwohl
ist die Bürgerschaft bisher in allen großen kostenträchtigen Prozessen zu den
anstehenden Entscheidungen beteiligt worden. Das betrifft z.B. die Verfahren:
Kanalbaubeiträge Volkswerft und Strelapark-Erweiterung. Zu den Neuendorfer
Klageverfahren hat der Abteilungsleiter Liegenschaften, Herr Ranft, mehrfach
vor der Bürgerschaft berichtet, zuletzt in der Sitzung am 06.03.2014, unter TOP
15.0.1.
Die
Bürgerschaft wird auch in Zukunft unabhängig von Ihrer Zuständigkeit über
größere Klageverfahren informiert werden.
Herr
Dr. Badrow führt aus, dass jeder Konzern und jedes Unternehmen gewisse Risiken
bewerten und diese aufstellen muss. Wenn die Frage auch in diese Richtung gehen
sollte, dann wurden diese Risiken in den neuen Haushalten und in der Doppik
bewertet. Besondere Verfahren mit gewissem Risiko können dort nachgelesen
werden. Die Frage der schwebenden Risiken, also das was für die Stadt wichtig
und zu bewerten ist, ist in die Doppik aufgenommen und im Haushalt erkennbar.
Zu
2.
Soweit
sich die Anfrage auf das Stadtarchiv bezieht, war diese Thematik bereits
mehrfach Gegenstand von Anfragen. In den Sitzungen vom 06.03.2014 und
15.05.2014 wurde die Bürgerschaft umfassend informiert.
Am
06.03.2014 haben der Beauftragte für die historischen Bibliotheken, Herr Dr.
Kunkel, und der Oberbürgermeister unter TOP 7.7 detailliert erläutert, dass und
weshalb eine exakte Bezifferung von Verlusten aus dem Bestand unter monetären
Gesichtspunkten weder möglich noch unter Rückkaufsgesichtspunkten sinnvoll ist.
Herr
Laack stellt fest, dass es konkret um die offenen Rechtsfragen auf Hiddensee
vor Gericht geht. Vor 3 Wochen war Herr Gysi auf der Insel und wies darauf hin,
dass diese Angelegenheit vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden und der
Stadt Stralsund erhebliche Kosten entstehen könnten. Herr Dr. Badrow solle
selbst auf die Insel Hiddensee fahren und sich ein Bild machen. Er fragt nach,
ob es auch andere Wege außer dieser juristischen Auseinandersetzungsform gibt.
Herr Gueffroy erklärt, dass die Hansestadt Stralsund kein Verfahren
vollständig verloren hat. Bisherige Verfahren wurden mit kleineren Abstrichen
gewonnen. Juristisch gibt es keinerlei Hinweise, die die Aussage von Herrn Gysi
stützen.