Anfrage:
1.
Hinsichtlich der Qualität von Wasser und Sediment
erbittet die Fraktion DIE LINKE/SPD genaue Auskunft zum aktuellen Zustand
hinsichtlich wassergefährdender (prioritärer und ubiquitärer) Stoffe, v. a.
Quecksilber/Quecksilberverbindungen, CHx-Verbindungen, PAK und Nitrat- sowie
Phosphatverbindungen bei folgenden Gewässern:
Großer Frankenteich
Kleiner Frankenteich
Knieperteich
Moorteich
Borgwallsee
Graben aus Voigdehäger Teich
Stralsunder Mühlgraben
Kronenhalsgraben
Hoher Graben
2.
Welche Maßnahmen hat die Hansestadt Stralsund in
den vergangenen Jahren unternommen, um die Qualität dieser Gewässer zu
verbessern? Wie hat sich der Zustand dieser Gewässer im Vergleich zur letzten
früheren Untersuchung verändert?
3.
Welche Maßnahmen sind weiterhin geplant, um den
Kriterien der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu entsprechen? Hält es die
Stadtverwaltung für möglich, die Zeitvorgaben der Europäischen
Wasserrahmenrichtline einzuhalten?
Herr Bogusch beantwortet die kleine Anfrage wie folgt:
zu 1.:
Derart konkrete Daten liegen der Stadtverwaltung nicht vor.
Auf Anfrage beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) liegen dort interne Daten aus der Datenbank zu physikalisch-chemischen Parametern des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG M‑V) sowie chemischen Daten des Seen-Referates des „Landwirtschafts-Ministeriums“ für den Stralsunder Mühlgraben, den Borgwallsee und die Stadtteiche vor, die jedoch nicht für die Öffentlichkeit freigegeben sind.
Eine kurzfristige Grob-Einschätzung zu dem angefragten Sachverhalt ist anhand der Darstellungen der WRRL-Wasserkörper-Steckbriefe möglich. Steckbriefe liegen für die berichtspflichten Gewässer NVPK-0800 (Stralsunder Mühlgraben/Kronenhalsgraben/Hoher Graben), NVPK-0700 (Graben aus Voigdehäger Teich) und den Borgwallsee vor (s. Anlagen 1-3). Dort ist eine Einschätzung zu physikalisch-chemischen Parametern (Stickstoff und Phosphor) enthalten sowie zum chemischen Zustand („wassergefährdenden Stoffen“). Bei den Angaben zum chemischen Zustand ist zu beachten, dass von der ubiquitären Verbreitung von Quecksilber-Verbindungen in allen Gewässern ausgegangen wird, ohne dass immer ein Vor-Ort-Nachweis vorliegen muss.
Dem Bewirtschaftungsplan WRRL sind folgende generelle Angaben zu entnehmen:
-
Alle Oberflächengewässer innerhalb der der sehr großen
Flussgebietseinheit (FGE) Warnow/Peene (diese umfasst ca. 2/3 von M-V) sind
aufgrund der ubiquitären Schadstoffbelastung mit Quecksilber (Rückstände aus der Kohleverfeuerung) signifikant belastet. Ihr Vorkommen kann durch
regionale Maßnahmen allein kaum beeinflusst werden.
- In der FGE Warnow/Peene werden aufgrund der vergleichsweise geringen Ansiedlung von Industrie- und Gewebebetrieben, die mit chemischen Stoffen umgehen, in den Gewässern nur vergleichsweise wenige Schadstoffe gefunden. Die Schwerpunkte betreffen überwiegend Stoffe aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Bei den flussgebietsspezifischen Schadstoffen spielen die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe (PSM) die Hauptrolle.
-
Aufgrund der flächendeckenden Überschreitung von Quecksilber
und Polybromierten Diphenylethern in Biota sowie der zeitlichen Wirkung schon
eingeleiteter bzw. geplanter Maßnahmen werden für alle Wasserkörper aufgrund
natürlicher Gegebenheiten hinsichtlich des chemischen Zustands
Fristverlängerungen über 2027 hinaus in Anspruch genommen.
zu 2.:
Die Hansestadt
Stralsund unternimmt in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Amt für Umwelt und
Natur seit vielen Jahren umfangreiche Anstrengungen, um die Wasserqualität und
den ökologischen Zustand der Stadtteiche zu verbessern. Im Schwerpunkt standen
dabei Maßnahmen im Einzugsgebiet, insbesondere an den Zuflüssen. Dies steht,
wie bereits mehrfach dargelegt, in Übereinkunft mit den Empfehlungen der
limnologischen Gutachten von 2004/2005 und 2015/16, die jeweils zu dem Ergebnis
kommen, dass prioritär die Nährstofflastsenkung im Einzugsgebiet verfolgt
werden sollte. Erst wenn die externe Nährstofffracht deutlich sinkt, sind
Maßnahmen in den Gewässern sinnvoll.
Einige wesentliche
Maßnahmen in der Vergangenheit waren:
-
Neutrassierung Mühlengraben und Anlage eines
Retentionsteiches nördlich KGA Kedingshagen II (2012)
-
Neubau des Wehres
am Ablauf des Voigdehäger Teiches, um die Erhöhung der Abflussmenge in den
Hohen Graben und damit Verbesserung der Wasserqualität der Stadtteiche zu
ermöglichen (2011/2012)
-
Ergänzung der
Bepflanzung des Kronenhalsgrabens am Schwarzen Weg (2013)
-
Uferrandstreifen und Gehölzpflanzungen am Stralsunder
Mühlgraben (im Rahmen von Ersatzmaßnahmen der Deutschen Bahn 2007)
-
Neuanlage einer
Waldfläche im an den Moorteich angrenzenden Stadtwald zur Bindung von
Nährstoffen durch Gehölzaufwuchs (2010)
-
Anlage von Gewässerrandstreifen am Voigdehäger Teich und am
Borgwallsee (2012)
In jüngerer Zeit
wurden mehrere Maßnahmen zur Bindung von Nährstoffen durch Gehölzaufwuchs an
Gewässern umgesetzt, hierzu zählen u.a.:
-
Anlage von naturnahem Erlenbruchwald in den
Versumpfungsbereichen des Moorteiches (2021)
-
Anlage von naturnahen Laubwaldbeständen im Umfang von 1,3 ha
in den Uferbereichen des Moorteichs (2021/2022)
-
Anlage von Gehölzpflanzungen am Hohen Graben zwischen
Umspannwerk und Kreisverkehr (2021)
-
Aufforstung (Eichenmischwald) und Waldmehrung durch
Sukzession am Bauernteich in einem Umfang von rd. 4 ha (2023)
-
Aufforstung an der Zitterbek (Graben) am Zufluss zum
Bauernteich im Umfang von 4 ha (2017, 2023)
Das Staatliche Amt
für Landwirtschaft und Umwelt bewertet alle paar Jahre die Nährstoffbelastung
der Stralsunder Stadteiche an verschiedenen Messstellen (Anlage 4), wobei nicht
jedes Mal alle Messstellen bewertet werden. Die letzte Beprobung fand im Jahr
2019 statt. Nach den dabei erhobenen Daten (Anlage 5) hat sich der
Gewässerzustand von Moorteich, Knieperteich und Großem Frankenteich weder
nennenswert verbessert noch verschlechtert. Diese Teiche sind den
Nährstoffstufen „polytroph“ bis „hypertroph“ zuzuordnen und damit sehr
nährstoffreich. Der Zustand des Kleinen Frankenteichs hat sich mit „eutroph 1“
hingegen deutlich verbessert und übertrifft damit seinen Referenzzustand.
zu 3.:
Der ökologische und der chemische Zustand der nach WRRL berichtpflichtigen Gewässer im Stadtgebiet (Graben aus Voigdehäger Teich, Mühlgraben/ Kronenhalsgraben/ Hoher Graben bzw. im Eigentum der Stadt (Borgwallsee) wird als schlecht bzw. nicht gut eingestuft. Als Ursachen werden insbesondere diffuse Quellen aus der Landwirtschaft benannt.
Mit diesen
schlechten Zuständen bilden die Gewässer im Stadtgebiet innerhalb der
großräumigen Flussgebietseinheit (FGE) Warnow/Peene keine Ausnahme. So
verfehlen laut Bewirtschaftungsplan aktuell 96 % der Fließgewässer und
84 % der Standgewässer der FGE Warnow/Peene den guten ökologischen Zustand
bzw. das gute ökologische Potenzial. Kein Wasserkörper hat den guten chemischen
Zustand erreicht, was für ganz Deutschland gilt. An 96 % der
Oberflächengewässerwasserkörper bestehen Belastungen durch Nährstoffeinträge
aus diffusen Quellen, so dass flächenhaft ein Handlungsbedarf besteht, die
Nährstoffeinträge zu senken. Nach
einer Veröffentlichung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt M-V sind
landesweit 70 % der
Stickstoffeinträge in die Oberflächengewässer auf landwirtschaftliche Dränagen
zurückzuführen.
Da die berichtspflichtigen Fließgewässer im Stadtgebiet als
künstliche Gewässer eingestuft sind, sind die Maßnahmen erst bis zum Jahr 2033
durchzuführen. Über die bereits benannten Maßnahmen hinaus, sind aktuell noch
keine Maßnahmen geplant.
Wie bereits im September 2022 und Januar 2023 dargelegt, sind entscheidende Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Maßnahmen die jeweiligen Eigentumsverhältnisse und die finanzielle Haushaltssituation. Dabei ist weiterhin die ausgeschlossene Förderfähigkeit für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern für die Hansestadt Stralsund äußerst nachteilig.
Wie ebenfalls bereits mehrfach ausgeführt, haben die im Maßnahmenprogramm aufgeführten Maßnahmen nur wenig bis keinen Einfluss auf die Wasserqualität der Stadtteiche, solange sich die landwirtschaftliche Nutzung in den Einzugsgebieten nicht ändert.
Die in der Antwort genannten Anlagen 1-5 werden der Niederschrift und der kleinen Anfrage als Anlage beigefügt.
Herr Melms hat keine Nachfrage.
Auf die beantragte Aussprache wird verzichtet.