Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt:

 

Der Einspruch von Herrn Jan Winterhalter gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl vom 08.05.2022 wird zurückgewiesen.

 

Diese Entscheidung ist dem Einspruchsführer binnen einer Frist von zwei Wochen schriftlich mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen.

 


Herr Schulz erläutert einleitend das Verfahren zur Behandlung des Beratungsgegenstandes.

 

Er stellt fest, dass die Beteiligten (Herr Winterhalter als Einspruchsführer, Herr Dr.-Ing. Badrow als wiedergewählter Oberbürgermeister sowie Frau Ruhnke und Herr Ewert als Vertrauenspersonen) ordnungsgemäß geladen wurden.

Herr Winterhalter, Herr Dr.-Ing. Badrow und Frau Ruhnke sind zur Sitzung anwesend und konnten bzw. können ihre Rechte als Beteiligte wahrnehmen.

 

 

Herr Schulz stellt nachfolgend fest, dass es seitens der Mitglieder der Bürgerschaft zunächst keine Redebeiträge gibt.

 

 

Der 1. Stellvertreter des Präsidenten erteilt Herrn Winterhalter als Einspruchsführer das Wort.

 

Der Einspruchsführer, Herr Jan Winterhalter, erläutert detailliert die Beweggründe für den Einspruch gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl vom 08.05.2022.

Aus seiner Sicht war der durch Herrn Dr.-Ing. Badrow geführte Wahlkampf rechtswidrig und die Wahl somit ungültig.

An der Gültigkeit der Wahl bestünden dann Zweifel, wenn grundsätzliche demokratische Prinzipien nicht eingehalten wurden.

In dem eingelegten Einspruch werden vorrangig zwei Punkte geltend gemacht. Zum einen geht es um die Herkunft der zur Verfügung stehenden Wahlmittel, zum anderen um die rechtswidrige Verwendung des Amtes als Oberbürgermeister zu Wahlzwecken.

Herr Winterhalter vertritt die Auffassung, dass ein Wahlkampf mit der erforderlichen Neutralität geführt werden müsse, also der Abstand von Amt und den zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Im konkreten Fall seien aus seiner Sicht wesentliche Elemente der Wahlkampfstrategie von Herrn Dr.-Ing. Badrow (Sterne, Volksfeste, Spenden) rechtswidrig zustande gekommen. Es sei demnach nicht auszuschließen, dass das Wahlergebnis dadurch maßgeblich beeinflusst wurde.

 

Herr Winterhalter geht auf die Begründung des nun zur Verfügung stehenden Prüfergebnisses der Gemeindewahlleitung ein, welches trotz der Schwere der Verdachtsmomente bereits jetzt zur Beratung vorliegt.

Er hinterfragt, ob das in der Begründung angeführte Argument der fehlenden Substantiierung des Einspruchs nicht überspannt sei.

Die Möglichkeit des Einspruchs ist das einzige Mittel, das zur Verfügung steht, um Zweifel an der Nichteinhaltung von Pflichten vorzutragen.

Der Einspruchsführer sieht Aufklärungspflichten seitens der Verwaltung und des Amtes des Oberbürgermeisters. Auch die Bürgerschaft stehe in der Verantwortung, aufgeworfene Fragen aktiv einer Klärung zuzuführen.

Er fordert generell die Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Wahlkampffinanzierung.

Herr Winterhalter merkt an, dass die errungene Mehrheit zur Oberbürgermeisterwahl unbestritten sei.

Er gesteht zudem ein, dass er in einigen Punkten seines Einspruchs einem Irrtum unterlegen ist.

Herr Winterhalter geht wiederholt auf die mögliche Nutzung der Sterne und städtischer Personalressourcen zu Wahlkampfzwecken ein, wodurch aus seiner Sicht ein erheblicher persönlicher Vorteil errungen werden konnte. Darüber hinaus kritisiert er die unterbliebene Trennung zwischen dem Amt des Oberbürgermeisters und des OB-Kandidaten Dr.-Ing. Badrow in den sozialen Medien.

Herr Winterhalter hätte sich seitens der Gemeindewahlleitung ein stärkeres Maß an Rechercheaktivitäten gewünscht.

 

Der nun vorliegende Einspruch wäre gegebenenfalls nicht erforderlich gewesen, wenn der Oberbürgermeister im Interesse der Stadtgemeinschaft kritische Fragen gegenüber der Presse beantwortet hätte.

 

Herr Winterhalter wirbt gegenüber der Bürgerschaft für eine tiefgreifende Diskussion zu den aufgeworfenen Sachfragen.

 

 

Als Beteiligter nimmt Herr Dr.-Ing. Badrow Stellung. Er berichtet, dass er den geführten Wahlkampf selbstkritisch geprüft habe. Gleichwohl seien ihm keine signifikanten Fehler aufgefallen. Aus seiner Sicht sollten angeführte Sachverhalte keine Unterstellungen, sondern vielmehr mit Substanz hinterlegt sein. Dies sei im Einspruch in keinem Aspekt erkennbar. Herr Dr.-Ing. Badrow versichert, dass er sich an sämtliche Regularien gehalten habe und dies auch zukünftig tun werde. Die Aufstellung von bloßen Behauptungen werden von ihm kritisiert.

 

 

Seitens der anwesenden Vertrauensperson gibt es keine Wortmeldung.

 

 

Der 1. Stellvertreter des Präsidenten eröffnet für die Bürgerschaft die Debatte zur Angelegenheit.

 

 

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/DIE PARTEI teilt Herr Suhr mit, dass sie ebenfalls zum Ergebnis kommen, dass der Einspruch keine ausreichend substantiierten Tatbestände enthält.

Er nimmt nachfolgend Bezug auf die besonders betonten Punkte der Finanzierung des Wahlkampfes und der Einhaltung des Neutralitätsgebotes.

Die Dimension des Wahlkampfes von Herrn Dr.-Ing. Badrow habe seine Fraktion tatsächlich etwas verwundert. Gleichwohl sei die Summe der eingesetzten finanziellen Wahlkampfmittel nicht relevant.

Die Relevanz läge vor, wenn ein belegbarer Zusammenhang zwischen einer Wahlkampfspende und Vermischung städtischer Interessen hergestellt werden könnte. Dies sei konkret nicht ersichtlich.

Zur Thematik Transparenz stimmt Herr Suhr dem Einspruchsführer zu, dass diese wichtig, die Grundlage jedoch erst durch Bundesgesetzgebung zu schaffen sei.

Für die gemeinsame Kandidatin der Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD zur Oberbürgermeisterwahl, Frau Rocksien-Riad, teilt Herr Suhr mit, dass diese bereit wäre, erhaltene Wahlkampfspenden detailliert offenzulegen.

 

Aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/DIE PARTEI ist das Neutralitätsgebot jedoch in einigen Punkten verletzt worden. Dahingehend sei es bei einer zukünftigen Wahl erforderlich, eine klarere Abgrenzung vorzunehmen.

 

Herr Suhr stellt klar, dass es das demokratische Recht des Einspruchführers und aller Bürgerinnen und Bürger sei, Dinge kritisch zu hinterfragen. Gleiches gelte für die Pressevertreter.

 

Das vorliegende Wahlergebnis zeigt den eindeutigen Willen der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger. Die Verletzung des Neutralitätsgebotes rechtfertigt aus Sicht von Herrn Suhr nicht die Annahme, dass es zu einem anderen Wahlergebnis gekommen wäre. Das Wahlergebnis werde vorbehaltlos akzeptiert.

 

Zur fehlenden klaren Abgrenzung von Oberbürgermeister und Kandidat Dr.-Ing. Badrow zieht Herr Suhr die Kampagne „Stadt der Sterne“ und das frühe Aufstellen der Sterne zum Europatag heran.

Außerdem gebe es eine eindeutige Verbindung zwischen der Eröffnung der Hafenanlage Schwedenschanze und des zeitgleichen Volksfestes des Kandidaten Dr.-Ing. Badrow. Es mangelt hier an der Abgrenzung der Amtsperson und des Kandidaten.

 

Herr Suhr wiederholt verdeutlichend, dass davon auszugehen sei, dass sich das Wahlergebnis nicht anders dargestellt hätte.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/DIE PARTEI wird sich bei der folgenden Abstimmung enthalten.

 

 

Nach Auffassung von Herrn Bauschke ist das Prüfergebnis zur Sach- und Faktenlage eindeutig, der Einspruch ist nicht substantiiert. Er stellt klar, dass ein Einspruch ein demokratisches Recht und legitim sei, dieser jedoch auch zur Verantwortung verpflichtet, Verfehlungen deutlich herauszuarbeiten.

Dies ist im vorliegenden Fall weder schriftlich noch mündlich erfolgt.

Herr Bauschke hält es für nicht ausgeschlossen, dass in der Öffentlichkeit ein negatives Bild erzeugt wird. Dies könnte sich schädigend auf eine Person, die Stadt, das Amt oder zukünftige Wahlen auswirken. Der vorliegende Einspruch ist abzulehnen.

 

 

Herr Haack stellt fest, dass der Einspruch legitim und rechtlich in Ordnung ist. Mit Bezugnahme auf sein erstmalig zu einer Bürgerschaftssitzung getragenes Freizeitoutfit, anstatt eines Anzugs, widerspiegelt Herr Haack nach eigener Aussage seine Haltung zum vorliegenden Einspruch. Durch die Behandlung der Angelegenheit während der Sondersitzung der Bürgerschaft entstehen der öffentlichen Hand Kosten von ca. 7 T €.

Der vorliegende Einspruch enthält Mutmaßungen, Unterstellungen oder Fantasien, jedoch keine fundierten Fakten.

Herr Haack bestätigt, dass es keine Verpflichtung gibt, Spenden offenzulegen.

Nachfolgend geht er auf die Finanzierung politischer Parteien im Vergleich zu Wählergemeinschaften ein.

Die Fraktion Bürger für Stralsund wird dem Beschlussvorschlag folgen und den Einspruch zurückweisen.

Abschließend teilt Herr Haack mit Blick auf den vorgetragenen Transparenzgedanken mit, den Wahlkampf des Oberbürgermeisters persönlich finanziell mit einer Spende unterstützt zu haben.

 

Herr Dr. Zabel geht auf die Ausführungen im Einspruch zu den Wahlplakatierungen ein. Diese Vorwürfe seien ungerechtfertigt und nicht nachvollziehbar. Er fordert den Einspruchführer auf, vor dem Aufstellen von Thesen rational nachzudenken und er erläutert, warum der Vorwurf aufgrund der darstellbaren tatsächlichen Gegebenheiten und Ressourcen nicht haltbar ist.

 

 

Der 1. Stellvertreter des Präsidenten, Herr Schulz, stellt fest, dass kein weiterer Redebedarf bestehet und lässt über die Vorlage B 0041/2022 abstimmen:

 

 


Abstimmung: Mehrheitlich beschlossen