Herr Buxbaum beantragt Rederecht für Herrn Rademacher (IHK), Herrn Sadewater (DEHOGA) und Herrn Ambrosat (Kreishandwerkerschaft).

 

Die Ausschussmitglieder stimmen dem Antrag von Herrn Buxbaum mehrheitlich zu.

 

Herr Rademacher von der IHK eröffnet die Gesprächsrunde mit einer Präsentation „IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2020: Coronakrise führt zu Einbruch des Geschäftsklimas“. Diese Präsentation wird der Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Die von Herrn Rademacher vorgestellten Zahlen beziehen sich auf den gesamten IHK-Bezirk und sind nicht Stralsund-spezifisch. Er geht aber davon aus, dass das, was für den gesamten Kammerbezirk festgestellt wurde, auch für Stralsund gilt. Der Geschäftsklimaindex liegt bei einem Wert von 108, was deutlich unterdurchschnittlich ist. Wahrscheinlich ist der Index in den letzten Wochen und Monaten noch weiter gesunken. Im Jahr 2009 zur Finanzkrise waren die Werte noch deutlich schlechter, was vermutlich daran liegt, dass der Staat bei der Coronakrise wesentlich schneller reagiert hat.

Außerdem wurden die Unternehmen danach befragt, wann sie mit einer Rückkehr zur normalen Geschäftslage rechnen und wie die Geschäftslage nach Meinung der Unternehmen aktuell ist. Weiterhin wurden die Unternehmen nach den Geschäftserwartungen und Investitionsplänen befragt. Die aktuelle Finanzlage der Unternehmen ist wesentlich von folgenden Faktoren geprägt:

 

Liquiditätsengpässe                                       13%

Eigenkapitalrückgang                     20%

Erschwertem Fremdkapitalzugang          2%

Hoher Fremdkapitalbelastung   7%

Zunehmenden Forderungsausfällen 10%

 

Die Unternehmen wurden auch nach Hemmnissen und Problemen gefragt, die ein erhebliches Risiko für das Unternehmen darstellen. Hier sind der Fachkräftemangel und die wirtschaftlich-politischen Rahmenbedingungen hervorzuheben.

 

Das bei der IHK angesiedelte Baugewerbe ist auf hohem Niveau stabil. Im Dienstleistungssektor liegt der Konjunkturklimaindex mit 112 Punkten deutlich über dem Durchschnitt. Die Aussichten betreffend, ist der Handel deutlich pessimistischer. Die Industrie hat mit 93 Indexpunkten den niedrigsten Wert aller Branchen.

 

Es wird darauf ankommen, wie sich die Pandemie in den nächsten Wochen entwickelt.

 

Auf Nachfrage erklärt Herr Rademacher, dass die entsprechenden Gremien die Beitragsveranlagung für die Unternehmen ausgesetzt hatten. In der Zwischenzeit wurde die Beitragsveranlagung wiederaufgenommen. Machen die Unternehmen keine Gewinne, zahlen sie lediglich einen niedrigen Grundbeitrag. Herr Rademacher betont, dass es sich um eine öffentliche Abgabe handelt, auf die nicht per se verzichtet werden kann.

 

Auch wenn keine differenzierte Betrachtung dahingehend erfolgt ist, wo die Betriebe des Baugewerbes ihren Auftragsschwerpunkt haben, geht der Geschäftsführer der IHK davon aus, dass die Auftragslage im Kammerbezirk ordentlich ist.

 

 

Herr Ambrosat von der Kreishandwerkerschaft bestätigt, dass im Bauhandwerk gute Erträge erzielt worden sind. Im gesamten Kammerbezirk gibt es einen Zuwachs von Auszubildenden von 3,5%. Im Bereich Rügen-Stralsund-Nordvorpommern wurden ca. 300 neue Ausbildungsverträge geschlossen, ebenfalls ein gutes Ergebnis.

 

Aus Sicht der Kreishandwerkerschaft sind die Betriebe bisher gut durch die Krise gekommen und haben gut gewirtschaftet. Allerdings gehen die Unternehmen für die ersten Quartale 2021 von einer negativ-rückläufigen Entwicklung aus. Grund dafür ist die Annahme, dass die Kommunen nicht mehr so viele Aufträge auslösen werden.

 

Zusammenfassend teilt Herr Ambrosat mit, dass sich die Lage im Handwerk stabil gezeigt hat.

Friseure und Kosmetikstudios haben sich an die Situation angepasst und konnten so weiterarbeiten.

 

Auf Nachfrage erklärt Herr Ambrosat, dass die Zahl der Betriebsschließungen nicht signifikant gestiegen ist. Problematisch ist nach wie vor der hohe Altersdurchschnitt in den Unternehmen. Hier geht es aber eher um die Frage der Unternehmensnachfolge.

 

Herr Buxbaum fragt, ob eine Einschätzung dazu möglich ist, wie die staatlichen Hilfen angekommen sind. Herr Ambrosat erklärt, dass die Hilfen in geringem Maße in Anspruch genommen worden sind.

 

Auf Nachfrage von Herrn Meißner erklärt Herr Ambrosat, dass viele Firmen davon ausgehen, dass sich die Nachfrage nach Handwerksleistungen aus den privaten Haushalten heraus verschlechtert. Wenn die Gefahr besteht, dass die Menschen ihre Arbeit verlieren, werden sie nicht in Haus und Hof investieren. Ein Grund sind auch die stark gestiegenen Baupreise und damit auch die gestiegenen Kosten für Handwerker.

 

Herr Meißner ist anderer Auffassung und erwartet nicht, dass die privaten Investitionen zurückgehen. Er geht davon aus, dass beispielsweise das Geld, welches für Urlaubsreisen vorgesehen war, verstärkt in Immobilien oder Hobbys zu investieren.

 

Herr Reeck ist der Ansicht, dass eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Unternehmenszweige notwendig ist. Für Friseure oder Kosmetikstudios ist sicher von Bedeutung, wie sich die Coronapandemie weiter entwickelt und für größere Baufirmen, ob 2021 öffentliche Aufträge vergeben werden.   

 

Herr Ambrosat bestätigt, dass Kosmetikstudios oder Friseure bei einer erneuten Schließung sicher in Schwierigkeiten kommen.

 

Herr Adomeit fragt, ob es Informationen zu Kurzarbeit in Stralsunder Unternehmen gibt. Außerdem möchte er wissen, wie sich die Situation auf die Übernahmechancen von Auszubildenden auswirken. Die Übernahmequote der ausgebildeten Fachkräfte liegt im Kreis zwischen 60 – 70%. In baulastigen Betrieben ist Kurzarbeit kein Thema. Herr Ambrosat ergänzt, dass sich die Bedingungen für Auszubildende deutlich verbessert haben, so sind die Arbeitszeiten deutlich geregelter und auch die real gezahlten Löhne sind gestiegen.

 

Herr Buxbaum dankt dem Handwerk für die geleistete Arbeit, auch während der Zeit des Lockdowns.

 

Herr Rademacher sagt zu, sich in Bezug auf die Kurzarbeit zu informieren und die Zahlen weiterzuleiten.

Die Werft befindet sich noch in Kurzarbeit, was auch Auswirkungen auf andere Betriebe des verarbeitenden Gewerbes.

 

 

Herr Sadewater teilt mit, dass viele Betriebe aus seiner Branche nicht wussten, ob sie am Ende des Jahres noch existieren. Die staatlichen Hilfen sind nach anfänglichen Schwierigkeiten aber auch hier geflossen. Damit konnte vor allem den kleinen Betrieben geholfen werden. Herr Sadewater richtet seinen Dank auch an die Verwaltung, die im Bereich der Sondernutzungsflächen reagiert und damit vielen Betrieben geholfen hat. Ab dem 25.05.2020 erfolgte dann die Öffnung für den Tourismus, welcher sich noch stärker entwickelt hat als im Jahr 2019. Die gesteigerte Auslastung wurde allerdings durch enorm gestiegenen Aufwand, welcher betrieben werden musste bzw. muss etwas getrübt. Als Beispiel nennt Herr Sadewater, dass die Beherbergungsbetriebe kein Buffet mehr anbieten dürfen und dafür Alternativen entwickelt werden mussten, verbunden mit erhöhtem Personalaufwand.

Von der Situation partizipieren konnten alle an der Küste gelegenen Betriebe, im Landesinneren war dies leider nicht der Fall. Hier gibt es Betriebe, die bereits geschlossen haben oder vor der Schließung stehen.

Herr Sadewater erklärt, dass es in Stralsund noch keine coronabedingte Betriebsschließung gab. Eine verlässliche Aussage kann diesbezüglich aber erst nach dem Winter getroffen werden kann, da sich dann zeigt, ob die Reserven über die Wintermonate ausreichen.

Unternehmen, die stark von Busreisen profitiert haben, mussten aufgrund von Corona ihr Geschäftsfeld neu überdenken.

Das bis vor Kurzem in Mecklenburg-Vorpommern bestehende Beherbergungsverbot hat zu einer erneuten Stornierungswelle geführt. Aus Sicht von Herrn Sadewater hätte das Beherbergungsverbot auch weiter bestehen bleiben können, da die Hoteliers jetzt nur noch auf ihr Hygienekonzept zurückgreifen können und auf zutreffende Angaben ihrer Gäste angewiesen sind. Für ihn ist eine erneute Schließung von Beherbergungsbetrieben und Gastronomieeinrichtungen vorstellbar.

Weiter teilt Herr Sadewater mit, dass es in der Brasserie einen Coronaausbruch gegeben hat. Betroffen sind 10 Mitarbeiter, wobei sich der Infektionskreislauf auf die Belegschaft beschränkt. Eine Übertragung auf Gäste konnte ausgeschlossen werden. Herr Sadewater betont, dass 90% der Infizierten keine Symptome gezeigt haben und bis heute auch nicht zeigen. Dies zeigt aber auch, wie gefährlich das Thema ist. Herr Sadewater lobt auf diesem Wege die gute und enge Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt.

Auf Nachfrage von Frau Störmer erklärt Herr Sadewater, dass das Gesundheitsamt die Einschätzung abgegeben hat, dass keine Gäste infiziert worden sind. Ausschlaggebend sind dabei verschiedene Faktoren. U. a. geht das Gesundheitsamt für eine Ansteckung von mindestens 15 Minuten „face to face“ – Kontakt zwischen zwei Personen aus.

Auch über die Frage der Kommunikation nach draußen wurde mit dem Gesundheitsamt gesprochen. Da Ansteckungen nach Außen ausgeschlossen werden konnten, konzentrierte sich die Sorge Herrn Sadewaters erst einmal auf die Gesundheit seiner Mitarbeiter. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde der Sachverhalt dann auch nach Außen kommuniziert.

Herr Meißner begrüßt die Offenheit von Herrn Sadewater und fragt, ob ihm temporäre Schließungen bekannt sind. Im DEHOGA Bereich sind bisher keine Schließungen bekannt, die kommenden Wochen und Monate müssen allerdings abgewartet werden.

Zusammenfassend erklärt der stellvertretende Vorsitzende des DEHOGA Regionalverbandes, dass die Branche einen schweren Start hatte und der Sommer sich positiv dargestellt hat, jetzt aber eine ungewisse Zeit folgt. Viele Betriebe haben die Kurzarbeit schon wieder angezeigt.

Herr Buxbaum erinnert an die Kunst- und Kulturszene, die ebenfalls stark unter der Pandemie leidet. In dem Zusammenhang erkundigt er sich, wie die Veranstaltungsbranche   durch die Krise kommt.

Da im Sommer nur kleine Veranstaltungen möglich waren, geht Herr Sadewater davon aus, dass diese Branche mit am härtesten betroffen ist.

 

Da es keine weiteren Fragen gibt, bedankt sich der Ausschussvorsitzende bei den Gästen und schließt den Tagesordnungspunkt.