Beschluss: zur Kenntnis genommen

Anfrage:

 

1.    Warum soll das Gedenken am 8. Mai 2020 auf dem Zentralfriedhof stattfinden?

 

2.    Warum soll das Gedenken am 8. Mai 2020 nicht am Ehrenmal auf dem Neuen Markt stattfinden?

 

Frau Behrendt beantwortet die Anfrage wie folgt:

 

Vor der Beantwortung geht Frau Behrendt auf die Begründung der Anfrage ein. Demnach habe die Gedenkfeier zum Tag der Befreiung immer am Ehrenmal für die gefallenen Soldaten der Roten Armee auf dem Neuen Markt stattgefunden.

Frau Behrendt kann dies nicht bestätigen. Die Hansestadt würdigt besondere Gedenktage, insbesondere historische Jahrestage, in der Regel in einer gemeinsam von Bürgerschaft und Stadtverwaltung getragenen und ausgestalteten Veranstaltung, so auch zum Tag der Befreiung, letztmalig am 8. Mai 2015, also zum 70. Jahrestag.

Wie in der vergangenen Bürgerschaftssitzung erwähnt, hat diese städtische Zentralveranstaltung an der Pietà im Johanniskloster stattgefunden.

Recherchen bestätigen, dass in den vergangenen fünf Jahren zwar Gedenkveranstaltungen am Neuen Markt stattgefunden haben, jedoch alleinig die Partei DIE LINKE Initiatorin und Veranstalterin war.

 

zu 1.:

Auf dem Zentralfriedhof befindet sich in Nähe zum Haupteingang eine Gedenkstätte, die 1971 für die Opfer des Zweiten Weltkriegs angelegt wurde. Dieser Gedenkort erfuhr Erweiterungen und 2003 eine Erneuerung mit dem Ziel, einen schlichten Ehrenhain zu schaffen als Sinnbild für den Krieg mit all seinem Schrecken und seiner Zerstörung.

 

Es befinden sich dort neben dem Hochkreuz Symbolkreuze auf den Rasenflächen, Namenstafeln aus Ton und eine Tafel mit dem Schwur von Buchenwald „Wir schwören, das Gedenken an die Opfer der Nazibarbarei lebendig zu erhalten“.

 

Der Gedenkort umfasst Gräber von 1.589 Opfern verschiedener Nationen, darunter Soldaten, Verstorbene aus dem Marinelazarett, Zivilopfer der Kriegseinwirkungen, Opfer des Bombenangriffs vom 6. Oktober 1944 sowie Opfer von Flucht und Vertreibung.

 

Auch 12 sowjetische Soldaten sind hier begraben. Sie sind erfasst in der Dokumentation, die das Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst in Kooperation mit dem Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit bei der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin erstellt hat, gefördert mit Mitteln der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Diese Dokumentation, die online verfügbar ist, verzeichnet den Stralsunder Zentralfriedhof ebenfalls als sowjetische Kriegsgräberstätte und somit als weiteren Erinnerungsort neben dem sowjetischen Ehrenfriedhof am Neuen Markt.

 

Die Stätte auf dem Zentralfriedhof ist also ein Gedenkort, an dem vermittelt wird, dass der nationalsozialistische Terror unter verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Nationalitäten wütete und sowohl Kriegs- als auch Zivilopfer traf.

 

Frau Behrendt nimmt Bezug zum historischen Anlass: Am 8. Mai 1945 unterzeichnete das Oberkommando der deutschen Wehrmacht vor den Vertretern der vier Alliierten im großen Saal des Offizierskasinos der Wehrmachtspionierschule in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation.

Der 75. Jahrestag sollte demnach im Zeichen der Würdigung aller am Kriegsende beteiligten Siegermächte und aller von Gewaltherrschaft und Krieg betroffenen Opfergruppen stehen – auch in Stralsund.

 

zu 2.:

Im Eroberungs- und Vernichtungskrieg, den das Deutsche Reich ab 1941 gegen die Sowjetunion führte, ist unermessliches Leid über dieses Land gebracht worden. Die am Neuen Markt gebetteten toten, teilweise sehr jungen, sowjetischen Soldaten mahnen jeden Einzelnen.

 

Es gilt, die Leistungen der Roten Armee zu würdigen, jedoch anzuerkennen, dass alle vier Besatzungsmächte die Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus unter unfassbar hohen Verlusten gemeinsam errungen haben.

 

Das ist die Botschaft an diesem Tag und gesamtdeutsche Perspektive auf das gemeinsame Erinnern 75 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs und im 30. Jahr der Deutschen Einheit.

 

Frau Fot findet es unverständlich, warum die Veranstaltung am 8. Mai nicht am Ehrenmal auf dem Neuen Markt stattfinden kann, da dort nicht nur sowjetische Soldaten begraben sind.

 

Frau Behrendt bezieht sich hinsichtlich des Gedenkortes auf die Begründung in der Beantwortung der Anfrage.

 

Frau Fot merkt an, dass der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus der 27. Januar ist. Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung. Der Zentralfriedhof ist aus ihrer Sicht nicht der passende Gedenkort.

 

Herr Buxbaum regt an, einen Gedenkort zu finden, ohne dass der Eindruck entsteht, dass die Opfergruppen gegeneinander ausgespielt werden.

 

 

Auf die beantragte Aussprache wird verzichtet.