Anfrage:
1.
Wie
stellt sich die Kriminalstatistik für Jugendliche und Heranwachsende für die
Hansestadt Stralsund seit dem Jahr 2010 dar? (bitte so präzise wie
möglich aufschlüsseln nach Jahren, Quartalen und Monaten, Anzahl der
Gesamttaten, Tatkategorien und Schwere der Taten, Alter der Straftäter,
Tatorte/Stadtteile usw.)
2.
Welche
signifikanten Auffälligkeiten und Entwicklungen sind festzustellen und was sind
daraus folgend, aus Sicht der Verwaltung, mögliche kommunale Maßnahmen, um
unterstützend für die weiteren Akteure (wie etwa Polizei und
Staatsanwaltschaft) wirken zu können?
3.
Wie
stellt sich die Jugendkriminalstatistik der Hansestadt Stralsund im Vergleich
zu Kommunen wie Wismar, Rostock, Greifswald, Schwerin und Neubrandenburg dar?
Herr Tanschus beantwortet die Fragen im Zusammenhang wie folgt:
Die erfragte
Kriminalstatistik liegt in dem gewünschten Detailierungsgrad weder der
Hansestadt Stralsund noch den anderen unter Punkt 3 genannten Städten vor.
Nach Rücksprache
mit dem für die Hansestadt Stralsund zuständigen Polizeihauptrevier, kann Herr
Tanschus mitteilen, dass die Leiterin des Polizeihauptreviers gern bereit ist,
im Rahmen des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung ausführlich über die
Kriminalstatistik der Polizei zu informieren. Herr Tanschus weist jedoch darauf
hin, dass die Daten dazu entsprechend ausgewertet und aufbereitet werden
müssen, was einiger Vorbereitungszeit bedarf.
Um die Fragen
dennoch bestmöglich zu beantworten, nimmt Herr Tanschus Bezug auf die
Polizeiliche Kriminalitätsstatistik des Bundes und Landes
Mecklenburg-Vorpommern. Beide sind öffentlich zugänglich. Er stellt der
Beantwortung die folgenden Punkte voran:
In der
Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden alle der Polizei bekannt
gewordenen Straftaten ausgewiesen (Hellfeld der offiziell registrierten
Kriminalität). Ihre Aussagekraft hat Grenzen: So verbleiben Delikte, die nicht
angezeigt bzw. ermittelt werden, im Dunkelfeld und ein An- oder Absteigen von
Zahlen in der PKS kann sowohl in einer Veränderung der tatsächlichen
Kriminalität begründet sein, als auch in einer Verschiebung der
Hellfeld-Dunkelfeld-Relation – etwa durch eine veränderte Anzeigebereitschaft.
Hinsichtlich der
regionalen Zuordnung werden die Taten nach dem Tatort erfasst. Werden
Tatverdächtigte ermittelt, so werden auch sie in der Statistik dem Tatort
zugeordnet und nicht ihrem Wohnort.
Tatverdächtigte
sind Personen, die aufgrund polizeilicher Ermittlungen für eine bestimmte Tat
verdächtigt werden. Dies bedeutet nicht, dass sie die Tat tatsächlich begangen
haben.
Es werden
grundsätzlich folgende Altersgruppen unterschieden: Kinder (strafunmündig)
unter 14 Jahre, Jugendliche 14 bis unter 18 Jahre, Heranwachsende 18 bis unter
21 Jahre, Erwachsene ab 21 Jahre, davon: Jungerwachsene 21 bis unter 25 Jahre.
Folgende Daten für
die Bundes- und Landesebene liegen vor.
A.
Bundesebene:
Im Jahr 2018 wurden
insgesamt 663.158 Kinder, Jugendliche, Heranwachsende und Junger-wachsene
seitens der Polizei einer Straftat verdächtigt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet
die aktuelle Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik damit bei den
absoluten Zahlen insgesamt einen Rückgang der Kriminalität im Kindes- und
Jugendalter.
Generell sind
Straftaten Jugendlicher im Vergleich zu denen Erwachsener meist weniger schwer
und umfassen insbesondere Ladendiebstahl, einfache Körperverletzung und
Sachbeschädigung.
In Bezug auf die
polizeilich registrierte Jugendgewalt (Gewalttaten) war im Berichtsjahr 2017
ein Anstieg der Belastungszahlen im Jugendalter zu verzeichnen. Auch im
aktuellen Berichtsjahr 2018 ist ein moderater Anstieg im Vergleich zum Vorjahr
erkennbar. Nach einem über zehn Jahre andauernden deutlichen Rückgang bedeutet
dies einen insgesamt leichten Anstieg.
Wissenschaftliche
Dunkelfeldstudien, d.h. Befragungen zu Täter- und Opfererfahrungen,
Anzeigeverhalten und Kriminalitätsfurcht bestimmter Bevölkerungsgruppen,
ergänzen die polizeilichen Hellfelddaten. Die Dunkelfeldstudien verweisen auf
eine in den letzten Jahrzehnten zunehmende Sensibilität der Gesellschaft
gegenüber Gewalt. Vor diesem Hintergrund deuten die Befunde auf eine erhöhte
Anzeigebereitschaft der Bevölkerung hin, womit das polizeilich bekannte
Hellfeld insgesamt vergrößert wurde.
B.
Land MV
Auch auf
Landesebene nimmt die Jugendkriminalität über die letzten Jahre ab.
Im Zeitraum von
2009 bis 2018 verringerte sich die Zahl der heranwachsenden Tatverdächtigen um
47,2 %, der Jugendlichen um 14,5 % und der Erwachsenen um 9,7 %. Dagegen stieg
die Anzahl der über 60-jährigen Tatverdächtigen in den letzten 10 Jahren um
15,4 % an.
Grundsätzlich lässt
sich zu kommunalen Maßnahmen in Bezug auf Kriminalitätsprävention folgendes
festhalten:
Einen wesentlichen
Faktor der Lebensqualität stellt die Sicherheit des Einzelnen vor Übergriffen
Anderer dar. Wie sicher eine Stadt für ihre Bürger ist, erschließt sich nur
indirekt über das Ausmaß der polizeilich erfassten Straftaten. Dem Ziel, diese
Sicherheit zu erhöhen, dient neben dem repressiven Handeln durch Polizei und
Staatsanwaltschaft immer auch präventive Arbeit durch die Polizei und die
Hansestadt Stralsund. § 1 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes MV führt dazu
aus: „Unbeschadet der Zuständigkeit der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von
Straftaten sollen staatliche und nichtstaatliche Träger öffentlicher Aufgaben
im Rahmen ihres jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeitsbereichs zusammenwirken
und zur Vermeidung strafbarer Verhaltensweisen (Kriminalprävention) beitragen.
Die
Kriminalprävention wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe charakterisiert.
Weil Kriminalität so unterschiedliche und komplexe Ursachen hat, müssen auch
die unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräfte einen Beitrag zur
Kriminalprävention leisten. Dabei ist es Ziel des kommunalen Präventionsrates
der Hansestadt Stralsund, einen engen Draht zu den Schulen, zu den Stadtteilen,
zur Verwaltung, den Vereinen, der Wirtschaft, der Polizei und der
Staatsanwaltschaft zu halten und diese miteinander zu vernetzten.
Dieser
gesamtgesellschaftliche Ansatz schließt darüber hinaus die Bürger als Träger
kriminalpräventiver Arbeit ein und markiert die Bürgerbeteiligung als
Qualitätsmerkmal der Kommunalen Kriminalprävention. Deshalb erwähnt Herr
Tanschus zum Schluss den Verein zur Förderung der Kriminalprävention in
Stralsund mit seiner wichtigen Rolle für die Präventionsarbeit in der
Stadt.
Frau Kindler erfragt, inwieweit ein Austausch zwischen der Verwaltung und der Polizei erfolgt. Aus ihrer Ausschussarbeit berichtet sie, dass durch die Polizei informiert wurde, dass in bestimmten Stadtteilen eine hohe Jugendkriminalität zu verzeichnen ist. Daher erkundigt Frau Kindler sich, was von kommunaler Seite im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit geschieht.
Herr Tanschus erläutert, dass ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Ordnungsamt und dem Polizeihauptrevier erfolgt. Auch im kommunalen Präventionsrat sind die Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Kriminalkommissariat aktiv beteiligt.
Zur Jugendarbeit stellt Herr Tanschus fest, dass sich die Hansestadt Stralsund in diesem Bereich mit stetig steigenden finanziellen Mitteln einbringt. Es handelt sich um eine 100% freiwillige Leistung, die für einen sinnvolle Zweck erbracht wird.
Auf die beantragte Aussprache wird verzichtet.