Frau Leddin berichtet, dass die Interventionsstelle und das Frauenschutzhaus viele gemeinsame Themen bearbeiten und es dennoch Unterschiede gibt, die sie näher darstellt.

 

Die Finanzierung der Interventionsstelle ist an die Förderrichtlinie gebunden, erfolgt jedoch zu 100 % vom Land.

 

Die Beratungsstelle bietet u. a. auch Beratungsangebote für Männer, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, an. Diese Beratungen können nicht im Frauenschutzhaus stattfinden, da das Haus ein geschützter Bereich ist. Dementsprechend ist die Interventionsstelle hier Ansprechpartner.

 

Es wird Krisenintervention angeboten, d.h. es wird eine schnelle Hilfe und Beratung geleistet. Hierbei erfolgt keine Aufnahme der Betroffenen, sondern Aufklärungsarbeit.

Es erfolgt eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Die Interventionsstelle wird sich immer betroffenenparteilich verhalten. Dabei handelt es sich um eine proaktive Tätigkeit. Man kann mobil im gesamten Landkreis, vor Ort in der Beratungsstelle Stralsund oder  auch telefonisch beraten.

 

Die Interventionsstelle hat als  Alleinstellungsmerkmale  im gesamten Landkreis die Beratung männlicher Betroffener sowie die Beratung zur Problematik Stalking. Schwerpunkt ist hier die Beratung Erwachsener, aber auch den mitbetroffenen Kindern und Jugendlichen kann eine Beratung geboten werden.

 

Neben der Beratungstätigkeit für Betroffene, die persönlich um Unterstützung bitten, wird die Hauptzahl der Beratungsfälle über die Polizei gemeldet. Nach einem Polizeieinsatz, bei dem es um häusliche Gewalt geht, erfolgt immer eine Meldung der Polizei per FAX an die Interventionsstelle, damit diese tätig werden kann. Es gibt eine gesetzliche Regelung, dass die Interventionsstelle alle erforderlichen Informationen erhält, um Kontakt zu den betroffenen Erwachsenen aufnehmen zu können. Bei betroffenen Kindern und Jugendlichen wird das Jugendamt entsprechend informiert.

Beratungsarbeit zur Krisenüberwindung ist die Hauptarbeit der Interventionsstelle. Hierfür wird eine gute Kooperation mit der Polizei, mit dem Frauenschutzhaus, dem Jugendamt und dem Weißen Ring angestrebt.

 

Netzwerkarbeit ist ebenfalls sehr wichtig. Es findet ein landesweiter Informationsaustausch statt. In Landesarbeitsgemeinschaften gibt es regelmäßige Treffen. Die Fortbildungsarbeit wird ebenfalls sehr gut organisiert. So werden z. B. Polizeischulungen direkt in den Revieren durchgeführt, um sich auch abstimmen zu können, wer welche Maßnahmen trifft bzw. welche Informationen für weitere Beratungen erforderlich sind.

 

Frau Leddin gibt folgende statistische Zahlen bekannt:

 

 

2015

Weiblich

Männlich

Unbekannt

Summe

 

Polizeimeldungen

314

42

/

356

 

Selbstmeldungen

106

8

/

114

 

Summe

420

50

/

470

 

Mitbetroffene

Kinder

222

212

15

449

 

2018 Stand

31.10.2018

 

 

 

 

Hochrechnung 31.12.2018

Polizeimeldungen

320

66

/

386

463

Selbstmeldungen

77

7

/

84

101

Summe

397

73

/

470

564

Mitbetroffene

Kinder

191

217

22

430

516

 

 

Es ist zu erkennen, dass ein stetiger Anstieg zu verzeichnen ist.

 

Frau Dr. Stahlberg interessiert, ob die Problemfälle in der dunklen Jahreszeit vermehrt auftreten. Frau Leddin kann dies nicht bestätigen. Es gibt keine gesonderten Erhebungen dazu.

 

Frau Kindler erfragt, ob die Polizei durch die absolvierten Schulungen sensibler mit dem Thema häusliche Gewalt umgeht.

 

Frau Leddin bestätigt dies und erläutert, dass die Interventionsstellen Rostock und Stralsund die meisten Fallzahlen im Land haben. Hier gibt es auch eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Über die Schulungen ist man hier gut etabliert.

Das Problem des Einflusses von Alkohol und Drogen spricht Frau Dibbern an und erfragt, ob es hier einen Zusammenhang mit  häuslicher Gewalt gibt.

 

Frau Leddin berichtet, dass sich die Arbeit in diesem Hilfebereich über die Jahre verändert hat, auch die Problemlagen von Betroffenen sind komplexer geworden.  Der Alkoholwert ist in manchen Fällen hoch, manchmal jedoch bei 0,0 Promille. In Beziehungen besteht allgemein nach wie vor eine große Bereitschaft zur Gewalt, insbesondere gegenüber Frauen und Kindern.

 

Frau Friesenhahn interessiert, bis wann nach Bekanntwerden der Gewalttat eine Kontaktaufnahme erfolgt und ob die Beratung von den Betroffenen angenommen werden muss.

 

Frau Leddin schildert, dass innerhalb von 3 Werktagen eine Kontaktaufnahme mit den Geschädigten erfolgt. Es handelt sich hier um ein freiwilliges Angebot, es muss nicht angenommen werden. Eine telefonische Beratung dauert ca. 30 Minuten, für ein persönliches Gespräch sind ca. 90 Minuten einzuplanen.

 

Auf Nachfrage von Frau Friesenhahn, wann eine gute Beratung stattgefunden hat, erörtert Frau Leddin, dass sich die Betroffenen gut aufgeklärt fühlen müssen, es wird der Kontakt zum Frauenschutzhaus aufgezeigt, es wird begutachtet, welche Maßnahmen zu Hause zu treffen sind und es wird eine Checkliste für einen Notfallkoffer besprochen.

 

Zu Frau Friesenhahns Frage nach Wiederholungstätern berichtet Frau Leddin, dass die Wiederholungstäter in den Fallzahlen aufgeführt sind. Für die Polizei ist jeder neue Einsatz ein neuer Fall. Der überwiegende Teil sind jedoch neue Fälle.

 

Frau Dibbern erfragt, ob die Interventionsstelle bei Bekanntwerden von Gewaltfällen ohne bisherigen Polizeieinsatz auch selbst Anzeige bei der Polizei erstattet.

Frau Leddin macht darauf aufmerksam, dass eine Schweigepflicht besteht. Es kann beim Besprechen der Handlungsoptionen lediglich eine Empfehlung gegeben werden, dass eine Anzeige gerechtfertigt wäre.

 

Frau Dr. Stahlberg bedankt sich bei Frau Leddin für die umfangreichen Informationen.