Beschluss: zur Kenntnis genommen

 

 


Anfrage:

 

Strebt die Hansestadt ein zertifiziertes Qualitätsmanagement ihrer Verwaltung an und wenn ja, welches?

 

Die Anfrage wird durch Frau Hinrichs wie folgt beantwortet:

 

Am Anfang ist zu sagen:

 

Die Problematik ist vertraut.

 

Man beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Anwendung des Qualitätsmanagements auf die Prozesse in der Verwaltung.

 

Zunächst ein wenig Theorie:

 

Qualitätsmanagement - QM – ist eine integrierende Managementmethode

für verschiedene Modernisierungs- und Managementansätze - 

Es verbindet den Qualitäts- mit dem Effizienzgedanken

 

und ist gekennzeichnet durch:

 

eine ganzheitliche Herangehensweise an die Problem- und Aufgabenbewältigung.

 

Moderne QM-Ansätze: beruhen auf der Philosophie des Total Quality Management (TQM), der gleichzeitigen Betrachtung von Menschen, Prozessen und Ergebnissen.

 

Wesentliche Prinzipien sind:

 

             die konsequente Orientierung an den externen und internen Kundenerwartungen,

 

             die Prozessorientierung und damit die Sichtweise, dass nur optimale Prozesse zu Produkten und Dienstleistungen führen, die die Kundenerwartungen erfüllen,

 

             die Kultur der kontinuierlichen Verbesserung,

 

             das Verständnis von Qualitätsmanagement als originäre Führungsaufgabe und

 

             die Einbeziehung aller Beschäftigten als wesentlicher Einflussfaktor auf die Qualität.

 

Der Qualitätsbegriff nach der TQM-Philosophie bezieht sich also nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen wie z. B. einzelne Verwaltungsentscheidungen und Beratungsleistungen.

 

Er umfasst gleichermaßen alle planenden, durchführenden und überwachenden Prozesse der Leistungserstellung sowie die Rahmenbedingungen.

 

Die „großen“ QM-Modelle sind:

 

die DIN EN ISO 9001: Anlaufkosten von ca. 50.000 € und 10 T€ jährlich für einen Fachbereich, welche an das prüfende Unternehmen zu zahlen sind

 

das EFQM-Modell mit Lizenzkosten von 4 – 14.000 €

European Foundation for Quality Managemen

 

oder

das CAF-Modell.

 

Alle haben als ähnliche Grundphilosophie und die Ganzheitlichkeit der Betrachtung

mit den zentralen Kriterien:

 

die Kunden-, Prozess-, Mitarbeiter- und Ergebnisorientierung.

 

An dieser Stelle erfolgt keine Betrachtung der einzelnen Modelle

 

Die KGSt hat bereits in den 90er Jahren in zwei Berichten Qualitätsmanagement (QM) beschrieben und empfohlen, die Methode der Selbstbewertung nach CAF anzuwenden.

 

Die Empfehlung zum flächendeckenden QM besteht weiterhin.

 

 

Das Common Assessment Framework (CAF) gibt es mit Einführungsbeschluss auf europäischer Ebene seit 2000 und beschreibt die qualitätsorientierte Selbstbewertung durch die Behörde.

 

Der Selbstbewertungsprozess ermöglicht den Behörden, ihre Stärken und Verbesserungspotenziale klar zu erkennen und führt letztlich zur Planung, Umsetzung und Überwachung von Verbesserungsmaßnahmen.

 

Die Selbstbewertung mit dem Instrument CAF bietet dabei einen besonders einfachen und leicht handhabbaren Einstieg ins Qualitätsmanagement.

 

Das Bundesministerium des Innern ist in Deutschland Eigentümer des Gütesiegels.

 

Dem Deutschen CAF-Zentrum wurde die Funktion des nationalen Organisators für das CAF-Feedbackverfahren übertragen; die KGSt übernimmt dazu Aufgaben für die Kommunen.

 

Kosten: Nur das CAF-Modell - als Modell für den gesamten europäischen öffentlichen Dienst - unterliegt keiner kommerziellen Bindung.

 

Die Unterlagen sind frei erhältlich, es gibt keine festgeschriebenen Preise für Beratung und Seminare, das Bundesverwaltungsamt - als Deutsches CAF-Zentrum - stellt den Anwendern ein Netzwerk zum Erfahrungsaustausch zur Verfügung.

 

Das ist war auch das ausschlaggebende Argument, den Kommunen die Anwendung des CAF-Modells als Ansatz eines übergreifenden Qualitätsmanagements zu empfehlen.

 

Die Verwaltung hat entschieden, sich dieser Empfehlung anzuschließen und das CAF-Modell anzuwenden.

 

Um die Umsetzung sicherzustellen, haben  Beschäftigte des Hauptamtes an Seminaren u.a. der nationalen Ansprechpartnerin für CAF in Deutschland teilgenommen.

 

Das Verfahren wird durch die Beschäftigten der Organisationsabteilung bereits im Zuge der Geschäftsprozessoptimierung und bei Organisationsuntersuchungen eingesetzt.

 

Die Anwendung des PDCA-Cycle ist für viele Beschäftigte der Verwaltung schon so selbstverständlich geworden, dass es mit dem CAF gar nicht in Verbindung gebracht wird.

 

Das Grundprizip

 

Plan                       Planen

Do                          Machen

Check                   Überprüfen

Act                         Anpassen

 

findet sich bei der Wahrnehmung jeder Aufgabe.

 

 

Weitere Beiträge zum Qualitätsmanagement:

 

Die Führungskräfte wurden in den Jahren 2013/2014 in Führungskräfteseminaren geschult, um die neuen Anforderungen an die Leitungstätigkeit erfüllen zu können. Dies wird stetig fortgesetzt.

 

Die Prozesse in der Verwaltung werden ständig einer Wirkkontrolle unterzogen, um bei Fehlentwicklungen rechtzeitig nachsteuern zu können oder erkannte Entwicklungspotentiale auszunutzen.

 

Im Zuge einer Mitarbeiterbefragung waren auch die Beschäftigten aufgefordert, Potentiale für eine effektivere Arbeitsweise und eine Erhöhung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit zu benennen.

Von dieser Möglichkeit wurde rege Gebrauch gemacht. Im Ergebnis wurde u.a. festgelegt ein betriebliches Vorschlagswesen einzurichten.

 

Vorschläge zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Beschäftigten während/außerhalb der Sprechzeiten und bei Abwesenheit wurden unterbreitet, um die Bürgernähe zu verbessern.

 

Wesentliches Potential wird auch in den jährlichen Qualifizierungsgesprächen zwischen MA u Vorgesetzten gesehen, um Reserven aufzudecken.

 

Zur Erbringung der Leistungen der Verwaltung für die Bürger erfolgte in den Ämtern eine Selbsteinschätzung, welche zu direkt sichtbaren Veränderungen führt.

 

Hier einige aktuelle Beispiele:

 

Ein durchgängiges und unverwechselbares Erscheinungsbild als Voraussetzung für die erfolgreiche Kommunikation einer Verwaltung wurde als Zielstellung formuliert, denn sie bestimmt maßgeblich mit, wie die Hansestadt Stralsund wahrgenommen wird. Mit dem städtischen Corporate Design ist das sehr gut gelungen.

 

Mit der Einführung der Doppik wurden in der Verwaltung alle zu erbringenden Leistungen erfasst und in Produkten dargestellt. Damit wurde die Leistungserbringung transparenter. Die Orientierung von der Aufgabenwahrnehmung auf die Leistungserbringung für den Bürger war mit einer umfassenden Prozessanalyse verbunden. Das und die umfassende Bewertung des städtischen Eigentums war ein Kraftakt, welcher zusätzlich zu leisten war. Die Kämmerei stellt sich den Anforderungen der doppischen Haushaltsführung in dem Entwicklungspotentiale der Mitarbeiter genutzt wurden, um eine Geschäftsbuchhaltung aufzubauen.

 

Weitere Beispiele:

 

 

Im Ordnungsamt, Meldewesen wird die Qualität der Serviceleistungen für die Bürger laufend bewertet.

Wartezeiten – ein Thema, was den Bürger nervt, wenn sie lang sind.

 

Die Wartezeiten werden analysiert, verglichen, mit Maßnahmen gegengesteuert:

 

- Ausgabestelle für Pässe und Personalausweise

- MA aus dem Backoffice packen in Stoßzeiten mit an

- Sondertermine außerhalb der Öffnungszeiten

- Sonderöffnungszeiten für Studenten während des Semesterbeginns

- enge Zusammenarbeit mit den Heimen: älteren Einwohnern/innen  aus  

  Stralsund, den Weg zur Meldebehörde weitestgehend zu ersparen.

- E-Akte in Verbindung mit Signaturtabletts in der Meldebehörde eingeführt.

Neben Wartezeiten wird auch Papier und Tonerverbrauch reduziert.

 

Die durchschnittlichen Wartezeiten während der Abfertigungszeit liegen deutlich unter 1 Stunde, was im Vergleich zu anderen Städten gleicher Größe enorm ist.

 

Verkehrsangelegenheiten, insbesondere KFZ-Zulassung

 

Kfz-Zulassungsstelle und Führerscheinstelle sind zusammengerechnet an 24 Stunden in der Woche für die Bürger/innen im Rahmen der Sprechzeiten geöffnet. In den entsprechenden Behörden des Landkreises Vorpommern-Rügen und der Hansestadt Greifswald betragen die Öffnungszeiten 22 Stunden bzw. 19 Stunden pro Woche.

 

Die Wartezeiten liegen im Vergleich zu den umliegenden Zulassungs- und Führerscheinstellen im überdurchschnittlich guten Bereich.

 

Eine Öffnung auch nach 18 Uhr wurde getestet aber nicht angenommen.

 

Es ist festzustellen, dass die Kollegen/innen der Abt. 30.1 bezüglich der Bürgerfreundlichkeit und der damit verbundenen Erbringung von Dienstleitungen für die Bürger/innen der Hansestadt Stralsund hoch motiviert sind.

 

Das Gebäude ist auch am Schließtag offen. Insoweit kann der Bürger auch in dieser Zeit sein Anliegen vorbringen, wenn auch nicht der volle Service angeboten werden kann. In Greifswald bspw. ist in dieser Zeit das Gebäude verschlossen.

 

Getrennte Autohausschalter und Schalter für Privatkunden sind eingerichtet.

Das ist Optimierung mit dem Vorteil, dass Vertreter von Autohäusern bzw. Zulassungsdiensten, welche oftmals gleichzeitig mehr als fünf Zulassungsvorgänge haben, extra abgefertigt werden. Dies verkürzt die Wartezeit für Privatkunden/innen erheblich. Dieses Konzept wurde mittlerweile auch von anderen Kfz-Zulassungsstellen in MV übernommen.

Darüber hinaus haben sich die Kollegen/innen der v. g. Verwaltungszweige dafür ausgesprochen, auch zukünftig – im Gegensatz zur Hansestadt Greifswald und zum LK Vorpommern-Rügen – auf s. g. Brückentage zur Optimierung des Bürgerservices zu verzichten. Es ist ihnen bewusst, dass es insbesondere für Berufspendler als auch Fernfahrer u. ä. Berufsgruppen immens wichtig ist, auch an Brückentagen die Verwaltungsbehörde aufsuchen zu können.

 

 

 

Standesamt

 

Heiraten in Stralsund ist IN

Seit Sommer 2009 konnten die Eheschließungs- und Lebenspartnerschaftszahlen von 307 kontinuierlich auf 366 in 2014 gesteigert werden. Zuwachs von 19%.

Auch die Qualität hat sich spürbar erhöht. Die Standesbeamtinnen brennen für ihren Job, auch wenn die Belastungsgrenze längst erreicht ist.

 

Während in der Hansestadt Greifswald derzeit darüber nachgedacht wird, im Jahr 2015 an einem zweiten Samstag in den Sommermonaten Eheschließungen anzubieten, kann in der Hansestadt Stralsund bereits seit der Saison 2013 an jedem Samstag und an jedem Trauort geheiratet werden.

Zwei bis sogar manchmal drei Standesbeamtinnen sind in der Hochsaison samstags, bedingt durch die fünf Trauorte, im Dienst.

Weiterhin gibt es keine Einschränkungen an den Feiertagen Ostern, Pfingsten oder an den Brückentagen.

Darauf kann man mit Recht stolz sein.

 

Um auch weiterhin diesen Standard zu sichern, wurde erstmals im Stralsunder Standesamt mit der Ausbildung von drei Adhoc-Standesbeamtinnen begonnen.

Schon bereits ab dieser Saison werden zwei Mitarbeiterinnen der Verwaltung neben Ihrer eigentlichen Tätigkeit in den Sommermonaten Eheschließungen durchführen, um möglichst allen Eheschließenden ihre Terminwünsche zu erfüllen.

 

Im Bauamt wird z.B. die Qualität der Abteilung Bauaufsicht laufend geprüft. Sie zeigt sich insbesondere in der Akzeptanz der Leistungen durch die Bürger. Durch gute Vorbereitung und Beratung ist die Zahl der Widersprüche zu den bauaufsichtlichen Verfahren sehr gering. So wurden im Jahr 2014 zu den insgesamt 803 bauaufsichtliche Vorgängen nur 7 Widersprüche eingelegt, was einer Quote von unter 1 Prozent entspricht.

 

Im Amt für Kultur, Schule und Sport wurde für die Schulen die Betreuung der neuen technischen Ausstattungen mit Computern, Beamern und interaktiven Whiteboards u. ä. abgesichert. Durch die Anbindung der Schulen an das Intranet der Stadt wurde die Effektivität der Zusammenarbeit wesentlich verbessert.

 

Im ZGM wurde im Rahmen des Facilitymanagements die ganzheitliche Betreuung der Verwaltungsgebäude und der Gebäude der Einrichtungen realisiert. Dadurch konnte kaufmännische und operative Gebäudeverwaltung gebündelt werden, somit Synergieeffekte erfolgreich generiert.

 

Die Musikschule arbeitet seit 2008 mit dem Qualitätssystem Musikschule (QsM), ein auf die Musikschulen abgestimmtes Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM) als „Staatlich anerkannte Musikschule in Mecklenburg-Vorpommern“. Die Kosten für die Umsetzung des Modells beliefen sich auf über 100.000,00 €. In diesem Jahr wird ein weiteres Modul des QM unter Kofinanzierung des Ministeriums umgesetzt. Die Kosten dafür belaufen sich auf ca. 600,00 €.

 

Auch wenn die folgenden Bereiche an den Landkreis übergegangen sind, seien hier noch zwei Beispiele für ein erfolgreiches QM (mit Zertifikat) genannt:

 

2005 Zertifizierung der Volkshochschule im LQW (Lernorientierte Qualität für Weiterbildung) durch die Firma artz (4.500,00 €).

 

2008 vom Land M-V beauftragt die Zertifizierung der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung Die Kosten in Höhe von 100.000,00 € wurden vom Land getragen.

 

Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft:

 

Die sich aus der weiteren technische Entwicklung z.B. mit der Umsetzung der E-Governmentgesetzes und der Öffnung der Verwaltung für den elektronischen Datenaustausch incl. DE-Mail und die Einführung des DMS ergebenden Veränderungen werden auch in den folgenden Jahren ständig neue Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung stellen.

 

Diese in einem dynamischen Prozess mit einer laufenden Selbstbewertung der Verwaltung und der Definition von Handlungszielen und deren Analyse auf der Grundlage der CAF-Methode zu gestalten wird die Aufgabe sein.

 

Die Bürgerinnen und Bürger wollen ihre Anliegen schnell und in hoher Qualität behandelt wissen. Genau das ist der Anspruch.

Und – wenn das auch ohne Zertifikat funktioniert....

 

Zertifizierung nur um der Zertifizierung willen, würde dabei nur zusätzliche finanzielle Mittel und Personal binden. Beides hat die Hansestadt nicht.

 

Systematisches QM in der gesamten Verwaltung schaffen, daran arbeitet man noch – QM existiert bereits.

 

Herr van Slooten stellt fest, dass die Hansestadt Stralsund über verschiedene Zertifizierungen verfügt und aufgrund der Kosten keine einheitliche Zertifizierung anstrebt und zieht die beantragte Aussprache zurück.

 

Frau Hinrichs bestätigt die Feststellung.