Beschluss: zur Kenntnis genommen

 

 


Anfrage:

 

1.  Wie viele Bohrlöcher für Geothermie wurden insgesamt im Zeitraum 1985 bis 1990  

     im Raum Stralsund angelegt?

2.  Welches Ziel wurde mit dem Anlegen der Bohrlöcher verfolgt?

3.  Wie hoch waren die Temperaturen?

4.  Warum wurde das Geothermie- Projekt 1990 abgebrochen?

5.  Wie viele Konzept- Studien zur geothermischen Nutzung wurden durchgeführt?

6.  Wie waren die Ergebnisse der Konzept- Studien?

7.  Wurde im Rahmen der Konzept- Studien Rücksprache mit dem GeothermieZentrum

     Bochum oder anderen Forschungseinrichtungen genommen?

8.  Wie hoch waren die Kosten der Konzept- Studien?

9.  Wurden für die Konzept- Studien Fördermittel beantragt und genehmigt?

10. Welche Ziele verfolgten die Konzept- Studien?

11. Wurde im Rahmen der Konzept- Studien eine Zusammenarbeit mit dem Hanse Dom

      angestrebt?

12. Warum haben sich die Nutzung von Geothermie, Thermalwasser sowie

      Untergrundspeicher als unwirtschaftlich erwiesen?   

 

Die Anfrage beantwortet Herr Sauter (Geschäftsführer der SWS Natur GmbH)

 

 

Zur 1. Frage

 

Nach Kenntnis der SWS Natur GmbH wurden 3 Geothermiebohrungen in Stralsund-Grünhufe in unter-schiedlicher techn. Ausführung und Qualität angelegt:

 

Gt 1/85

Gt 2/85

Gt 6/89

 

Zur  2. Frage

 

Die genauen Ziele der durch staatliche Behörden in Auftrag gegebenen Bohrungen sind nicht bekannt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass aufgrund der Knappheit an Primärenergieträgern mit der Bebauung des Wohngebietes  Grünhufe eine geothermische Wärmeversorgung des Wohngebietes geprüft und ggf. aufgebaut werden sollte.

 

 

 

Zur  3. Frage

 

In Tiefen bzw. Teufen von ca. 1.600 m waren Temperaturen von ca. 58 °C verfügbar. Die nutzbare Temperatur an der Erdoberfläche würde max. 55 °C betragen.

 

 

Zur  4. Frage

 

Der Abbruch des Projektes durch die staatlichen Behörden ist nicht bekannt. Zu vermuten ist, dass die Deutsche Einheit und die Bereitstellung von finanziellen Mitteln nicht unwesentlich zur Projekteinstellung beigetragen haben wird.

Bei Abbruch des Projektes 1990 wiesen diese Bohrungen einen jeweils unterschiedlichen Stand der Realisierung auf. Dies betrifft die techn. Speicherkomplettierung und die Qualität der durchgeführten Testarbeiten.

 

 

 

Zur  5. Frage

 

Die Stadtwerke Stralsund haben die befristeten Nutzungsrechte zur Gewinnung von Sole und Erdwärme im Gebiet Stralsund-Grünhufe  im Januar 2007 durch Übernahme von der Brunst-Weber-Stiftung und Bestätigung durch das Bergamt erhalten.

Die Stadtwerke Stralsund haben mehrere Konzeptstudien zu unterschiedlichen Nutzungsarten beauftragt, u.a. zur geothermischen Nutzung sowie als Wärme-Aquifer-Speicher.

 

 

Zur  6. Frage

 

Die Bohrungen Gt 1/85 und Gt 2/85 waren aufgrund der längeren Nichtnutzung in  einem schlechten bzw. die Gt 6/89 in einem befriedigenden Zustand. Die technische Ausrüstung, insbesondere das Filtersystem war in den beiden älteren Bohrlöchern nicht auf dem Stand der aktuellen Technik. In einer Dublettenfunktion wäre die max. Durchflussmenge der neueren Bohrung mit 100m³/h durch die techn. begrenzte Durchflussmenge der alten Bohrlöcher auf 50 % beschränkt. Die neue Bohrung wies eine erhebliche Korrosion im oberen Bereich auf.

Allein die Ertüchtigung der neueren sowie die Vergrößerung einer alten Bohrung für einen Doublettenbetrieb hätte Kosten von mindestens 2 Mio. Euro erzeugt. Die gleiche Summe wäre für die oberirdische techn. Anlage erforderlich geworden.

Das Hauptproblem einer geothermischen Nutzung war jedoch die geringe nutzbare Temperatur von ca. 55 °C. Das 1993/1994 errichtete neue Fernwärmenetz wird witterungsabhängig mit einer Vorlauftemperatur von 90 bis 98 °C und einer Rücklauftemperatur von 70 bis 75°C betrieben. Der Querschnitt des Wärmenetzes beträgt zwischen  DN 100 und DN 300.

Wirtschaftlich sinnvoll ist eine geothermische Nutzung, wenn ein Niedertemperaturwärmenetz betrieben wird und die Rücklauftemperatur des Wärmenetzes kleiner der thermal nutzbaren Temperatur ist! Die Umstellung auf ein Niedertemperaturnetz hätte neben der Investition in die Ertüchtigung der Bohrlöcher und techn. Anlagen erhebliche Zusatzinvestitionen bei den Stadtwerken Stralsund für eine deutliche Vergrößerung der Leitungsdimensionen des Wärmenetzes (min. DN 600) und bei den angeschlossenen Wohnungseigentümern/Verwaltern für den Umbau der Hausinnenheizungsanlagen, insbesondere der deutlichen Vergrößerung der Kollektorenflächen in den Wohnungen bedeutet.

Sowohl das Wärmenetz als auch die Sanierung der Wohnungen war zu diesem Zeitpunkt bereits weitestgehend abgeschlossen.

Eine Nutzung der Bohrungen für die saisonale Zwischenspeicherung der erzeugten Wärme war aufgrund der relativ hohen Wärmeverluste von 30 bis 40 % und des stark fallenden Strompreises an der Börse ebenfalls nicht mehr wirtschaftlich darstellbar.

 

Zur  7. Frage

 

Neben der Beratung durch Geologen wurde für sämtliche Betrachtungen und Konzepte die renomierte Gesellschaft Geothermie Neubrandenburg als bundesweit anerkannte Fachfirma gebunden und beauftragt.

 

Zur  8. Frage

 

Die Summe der Kosten für die Konzeptstudien lag im unteren fünfstelligen Bereich.

 

Zur  9. Frage

 

Es wurden Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium geführt. Mögliche Förderungen von bis zu 30 % der Investitionskosten in die Bohrlöcher und oberirdischen Anlagen wurden in der Bewertung der Konzepte berücksichtigt. Im Realisierungsfall wären hier auch die anteiligen Kosten der Studie in die Gesamtkosten eingeflossen.

Aufgrund der geringen Kosten für die Studien/Konzepte und des gegenüberstehenden erheblichen Aufwandes wurden keine Fördermittel über das LFI beantragt.

 

Zur  10. Frage

 

Die Konzeptstudien verfolgten die Ziele:

-              Untersuchung einer wirtschaftlichen thermalen Wärmenutzung für das Wohngebiet Grünhufe

-              Untersuchung einer wirtschaftlichen saisonalen Wärme-Aquifer-Speichernutzung für das Wärmenetz Knieper/Grünhufe

-              Prüfung einer balneologischen Nutzung der Sole im Falle einer Realisierung der  thermalen Nutzung.

 

 

Zur  11. Frage

 

Im Rahmen der Vertragsverhandlungen der Wärmelieferverträge für den HanseDom wurden mit den Eigentümern Gespräche zur thermalen und balneologischen Nutzung geführt.

 

Zur  12. Frage

 

In der Region wurden bisher lediglich 2 Geothermieprojekte erfolgreich umgesetzt: Die Stadt Waren als damaliges Pilotprojekt der DDR. Dort lagen deutlich höhere thermale Temperaturen von 90°C vor und das Wohngebiet wurde gleich komplett als Niedertemperatur-beheiztes Wohngebiet errichtet. In der Stadt Neustadt/Glewe wurde das aktuellste Projekt zur Wärme- und Stromerzeugung in MV umgesetzt. Dort lagen die thermalen verfügbaren Temperaturen sogar über 100°C.

Eine Nutzung der Bohrungen für die saisonale Zwischenspeicherung der erzeugten Wärme war aufgrund der relativ hohen Wärmeverluste von 30 bis 40 % und des stark fallenden Strompreises an der Börse ebenfalls nicht mehr wirtschaftlich darstellbar. Hier hätte der Wärmepreis den fallenden Strompreis stützen müssen, um ein BHKW in Volllast im Sommer betreiben zu können. Zusätzlich hätten die Kosten der relativ hohen Ausspeiseverluste den Wärmepreis erhöht.

Auch bei Einbeziehung einer 30-prozentigen Förderung führte die Simulation der Konzeptergebnisse zu höheren Wärmegestehungskosten gegenüber den aktuell vorhandenen Lösungen.

Nach der Umsetzung einer anderen Lösung auf der Basis Erneuerbarer Energien durch die BHKW-Anlagen auf der Basis des Brennstoffes Biomethan im Wärmenetz wurden die Nutzungsrechte an das Bergamt zurückgegeben  und  vom Bergamt entzogen.

 

Herr Adomeit fragt nach, ob man die Sole balneologisch hätte nutzen können.

 

Herr Sauter informiert, dass man sie nutzen könnte. Der Aufwand für gesundheitliche Anwendungen allein, wäre jedoch zu hoch. Eine balneologische Nutzung funktioniert nur als Abfallprodukt zur Wärmetechnik.

 

Auf Nachfrage von Herrn Riedel, ob sich auch noch andere Investoren für dieses Projekt interessierten, berichtet Herr Sauter, dass es andere Interessenten gab, welche auch beim Bergamt anfragten, jedoch kein Projekt in Stralsund realisiert haben.