Sachverhalt:
Das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (RREP VP) ist seit September 2010 rechtsverbindlich. Mit der seit 2013 rechtsverbindlichen Ersten Änderung wurde ein Eignungsgebiet für Windenergieanlagen in Altefähr in das Programm aufgenommen.
Derzeit wird das Verfahren zur Zweiten Änderung des RREP VP
durchgeführt, um auf die Herausforderungen der
Energiewende zu reagieren. Die Änderung beinhaltet die Flächenausweisung von
Eignungsgebieten für Windenergieanlagen und die inhaltlichen Festlegungen zu
den Eignungsgebieten.
Das 1. Beteiligungsverfahren zur Zweiten Änderung des RREP VP erfolgte
2014. Nach Bestätigung durch die Bürgerschaft (Beschl.-Nr. 2014-V-04-1136 vom
15.05.2014) gab die Stadt mit Schreiben vom 2. Juni 2014 ihre Stellungnahme zum
Entwurf 2014 ab. Das 2. Beteiligungsverfahren erfolgte 2015. Nach Bestätigung
durch die Bürgerschaft (Beschl.-Nr. 2015-VI-09-0298 vom 05.11.2015) gab die
Stadt mit Schreiben vom 10. November 2015 ihre Stellungnahme zum Entwurf 2015
ab.
Nunmehr liegt der überarbeitete Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des
RREP VP mit dazugehörigem Umweltbericht vor. Dieser beinhaltet zwei große Themenblöcke:
A. Einfügen von drei neuen Programmsätzen einschließlich
Begründung in Kapitel 6.5 Energie als Ziele der Raumordnung zu den folgenden Themen:
- Festlegung, wonach die Errichtung von Windenergieanlagen, der Ersatz
sowie die
Erneuerung bestehender Anlagen
ausschließlich innerhalb der in der Gesamtkarte
ausgewiesenen Eignungsgebiete
zulässig und der Windenergie entgegenstehende
Nutzungen unzulässig sind
-
Planerische Öffnungsklausel für Altgebiete, die in der aktuellen Flächenkulisse
nicht mehr
enthalten, aber in den gemeindlichen
Flächennutzungsplänen bauleitplanerisch gesichert
worden sind
-
Sicherung der wirtschaftlichen Teilhabe der Bürger und Kommunen gemäß Vorgaben
des
„Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen
und Bürgern sowie Gemeinden an
Windparks in Mecklenburg-Vorpommern“
B. Vollständige Überplanung der Planungsregion Vorpommern hinsichtlich der Ausweisung
von
53 Eignungsgebieten für
Windenergieanlagen infolge veränderter Kriterien (Änderungen in der Karte im Maßstab 1:100.000 sowie Änderungen in der Begründung zu Kapitel
6.5). Diese Eignungsgebiete treten an
die Stelle aller im RREP VP 2010
(Karte) und in der Ersten Änderung des RREP VP 2013 (Karte) dargestellten Eignungsgebiete für Windenergieanlagen, die gemäß Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom
18.08.2015 als aufgehoben
gelten.
Die Kriterien der neuen Gebietsausweisung beinhalten „harte“ und „weiche“ Tabuzonen.
Als „harte Tabuzonen“, die eine Errichtung von Windenergieanlagen aus
tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen ausschließen, werden u.a.
berücksichtigt Wohn-, Erholungs- und
Tourismusgebiete, Nationalparks, Naturschutzgebiete, Flugplätze, militärische
Anlagen.
Zu den „weichen Tabuzonen“, in denen gemäß planerischer
Entscheidung des Regionalen Planungsverbandes Vorpommern keine
Windenergieanlagen errichtet werden sollen, zählen u.a. 1000 m Abstandspuffer zu Wohn-, Erholungs-,
Tourismusgebieten und Nationalparks, Vorranggebiete Küstenschutz, Trinkwasser,
Gewerbe und Industrie, Waldflächen ab 10 ha, Naturparks, europäische
Vogelschutzgebiete inkl. 500 m Abstandspuffer.
Für die Eignungsgebiete ist eine Mindestgröße von 35 ha
festgelegt.
Festgelegt werden außerdem Kriterien für
„Restriktionsgebiete“, die zunächst grundsätzlich gegen die Festlegung von
Eignungsgebieten sprechen. Bei Überwiegen von Windenergie begünstigenden
Belangen kann in diesen Gebieten jedoch eine Einzelabwägung erfolgen. Dieses
betrifft u.a. Vorbehaltsgebiete Naturschutz und Landschaftspflege/
Küstenschutz/ Gewerbe und Industrie, Landschaftsschutzgebiete sowie einen
Mindestabstand von 2,5 km zwischen den Eignungsgebieten.
Darüber hinaus wird die Begründung zur Zweiten Änderung des RREP VP ergänzt um eine Definition für Testanlagen zu Forschungs- und Entwicklungszwecken
gem. Programmsatz 6.5 (7), die unter bestimmten Voraussetzungen auch außerhalb
von Eignungsgebieten errichtet werden dürfen (Ausnahmeregelung).
Der vorliegenden Entwurf 2017
berücksichtigt auch die Ergebnisse der Abwägung zu den Stellungnahmen aus der
2. Beteiligung. Die von der Stadt in ihrer Stellungnahme geäußerte Anregung
bindet die Zustimmung der Stadt zur planerischen Öffnungsklausel für das
Altgebiet Altefähr an die rechtssichere Gültigkeit des Programmsatzes 6.5 (7)
mit der Höhenbegrenzung der Anlagen in diesem Gebiet auf maximal 70 m. Sollte
dies nicht der Fall sein, lehnte die Stadt die planerische Öffnungsklausel für
das Altgebiet Altefähr ab, da höhere Windenergieanlagen zu einer
Beeinträchtigung der Silhouette der Stralsunder Altstadt führen würden. Eine
Beeinträchtigung der UNESCO-Welterbestätte ist jedoch zwingend auszuschließen.
Dem als Anlage 1 beigefügten Auszug aus der Abwägungsdokumentation ist
als Ergebnis der Prüfung und Abwägung der 2. Stellungnahme der Stadt zu
entnehmen, dass die Höhenbegrenzung auf max. 70 m im Altgebiet Altefähr nicht
mehr gilt. Der Planungsverband geht davon aus, dass bei einem Repowering den
denkmalschutzrechtlichen Belangen der Hansestadt Stralsund im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren angemessen Rechnung getragen wird.
Die Inhalte des vorliegenden Entwurfs 2017 mit dazugehörigem Umweltbericht berühren die Belange der Hansestadt Stralsund deshalb wie folgt:
Das Stralsunder Stadtgebiet ist von der Ausweisung der neuen
Eignungsgebiete für Windenergieanlagen nicht betroffen.
Die
neue planerische Öffnungsklausel gilt auch für das entfallene Altgebiet in
Altefähr. Die zum Schutz der
UNESCO-Welterbestätte Altstadt Stralsund vor visuellen Beeinträchtigungen und
zur Sicherung der Einhaltung der Kulturerbekriterien der
Weltkulturerbekonvention bisher geltende Höhenbegrenzung für die
Windenergieanlagen von maximal 70 m entfällt ebenfalls. Somit bestehen für die Bauleitplanung der Gemeinde Altefähr und für
interessierte Vorhabenträger keine raumordnerischen Vorgaben mehr bezüglich der
zulässigen Anlagehöhen. Es steht somit zu befürchten, dass bei einem Repowering
künftig 150 m bis 200 m hohe oder höhere Anlagen errichtet werden sollen.
Dieses würde zu einer Beeinträchtigung der geschützten Altstadtsilhouette
führen.
Obwohl die planerische Öffnungsklausel auch für das Altgebiet Altefähr gelten soll, prüft der Umweltbericht die Auswirkungen, die in Folge der entfallenden 70 m-Höhenbegrenzung zu erwarten sind, nicht.
Zum Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des RREP VP mit dazugehörigem
Umweltbericht wird jetzt das 3.
Beteiligungsverfahren durchgeführt. Die
3. Öffentlichkeitsbeteiligung
findet vom 16.05. bis 18.07.2017 statt. Stellungnahmen zur Planung können bis spätestens
zum 18. Juli 2017 abgegeben
werden.
Die Stellungnahme der Hansestadt Stralsund zum Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des RREP VP, die auch die Stellungnahmen der Fachämter und Abteilungen der Stadtverwaltung berücksichtigt (Anlage 2), wird unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch die Bürgerschaft fristgemäß beim Planungsverband eingereicht. Ein Bürgerschaftsbeschluss auf regulärem Gremienweg ist im Beteiligungszeitraum nicht zu erreichen. Die Stellungnahme wird hiermit der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorgelegt.
Beschlussvorschlag:
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt die Bestätigung der Stellungnahme der Hansestadt Stralsund im Rahmen der 3. Beteiligung zur Zweiten Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern, Entwurf 2017 mit dazugehörigem Umweltbericht.
Lösungsvorschlag:
Die Stellungnahme der Hansestadt
Stralsund äußert sich zur Betroffenheit der Stadt durch die neue planerische
Öffnungsklausel. Die Visualisierungen
der Sichtbarkeitsanalyse zur Ersten Änderung des RREP VP zeigen
nachvollziehbar, dass Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe über 70 m im
Altgebiet Altefähr zu einer Beeinträchtigung der geschützten Altstadtsilhouette
führen würden. Eine Beeinträchtigung der UNESCO-Welterbestätte Historische Altstadt Stralsund ist
jedoch zwingend auszuschließen. Deshalb ist die Anwendung der planerischen
Öffnungsklausel für das Altgebiet Altefähr strikt abzulehnen.
Diese konsequente Haltung unterstützen auch
die für die Welterbestätte Historische
Altstädte Stralsund und Wismar zuständigen
Mitglieder der Monitoring Gruppe des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS.
Sollte der Ausschluss des Altgebietes Altefähr aus dem Geltungsbereich
der planerischen Öffnungsklausel nicht erfolgen, ist die planerische
Öffnungsklausel abzulehnen.
Die fehlende Prüfung der durch den Wegfall der Höhenbegrenzung im
Altgebiet Altefähr zu erwartenden Auswirkungen auf die geschützte Stadtansicht
der UNESCO-Welterbestätte Historische
Altstadt Stralsund wird als Mangel des Umweltberichtes beanstandet.
Gegebenenfalls hätte diese zum Ausschluss des Altgebietes Altefähr von der
Planerischen Öffnungsklausel führen können. Deshalb ist diese Prüfung im
Umweltbericht zu ergänzen.
Der Bürgerschaft wird empfohlen, die vorliegende Stellungnahme zu
bestätigen. Der Beschluss zur Stellungnahme wird dem Regionalen Planungsverband umgehend vorgelegt.
Alternativen:
Da sich aus der Zweiten Änderung des RREP VP Auswirkungen auch auf die Hansestadt Stralsund ergeben können, kann eine Alternative nicht empfohlen werden.