Betreff
Zweite Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern - Stellungnahme der Hansestadt Stralsund zum Entwurf 2017
Vorlage
B 0039/2017
Art
Beschlussvorlage Bürgerschaft

Sachverhalt:

 

Das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (RREP VP) ist seit September 2010 rechtsverbindlich. Mit der seit 2013 rechtsverbindlichen Ersten Änderung wurde ein Eignungsgebiet für Windenergieanlagen in Altefähr in das Programm aufgenommen.

 

Derzeit wird das Verfahren zur Zweiten Änderung des RREP VP durchgeführt, um auf die Herausforderungen der Energiewende zu reagieren. Die Änderung beinhaltet die Flächenausweisung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen und die inhaltlichen Festlegungen zu den Eignungsgebieten.

 

Das 1. Beteiligungsverfahren zur Zweiten Änderung des RREP VP erfolgte 2014. Nach Bestätigung durch die Bürgerschaft (Beschl.-Nr. 2014-V-04-1136 vom 15.05.2014) gab die Stadt mit Schreiben vom 2. Juni 2014 ihre Stellungnahme zum Entwurf 2014 ab. Das 2. Beteiligungsverfahren erfolgte 2015. Nach Bestätigung durch die Bürgerschaft (Beschl.-Nr. 2015-VI-09-0298 vom 05.11.2015) gab die Stadt mit Schreiben vom 10. November 2015 ihre Stellungnahme zum Entwurf 2015 ab.

 

Nunmehr liegt der überarbeitete Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des RREP VP mit dazugehörigem Umweltbericht vor. Dieser beinhaltet zwei große Themenblöcke:

 

A. Einfügen von drei neuen Programmsätzen einschließlich Begründung in Kapitel 6.5 Energie als Ziele der Raumordnung zu den folgenden Themen:

 

- Festlegung, wonach die Errichtung von Windenergieanlagen, der Ersatz sowie die

  Erneuerung bestehender Anlagen ausschließlich innerhalb der in der Gesamtkarte

  ausgewiesenen Eignungsgebiete zulässig und der Windenergie entgegenstehende 

  Nutzungen unzulässig sind

- Planerische Öffnungsklausel für Altgebiete, die in der aktuellen Flächenkulisse nicht mehr

  enthalten, aber in den gemeindlichen Flächennutzungsplänen bauleitplanerisch gesichert

  worden sind

- Sicherung der wirtschaftlichen Teilhabe der Bürger und Kommunen gemäß Vorgaben des

 „Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an

  Windparks in Mecklenburg-Vorpommern“

 

B. Vollständige Überplanung der Planungsregion Vorpommern hinsichtlich der Ausweisung von 53 Eignungsgebieten für Windenergieanlagen infolge veränderter Kriterien (Änderungen in der Karte im Maßstab 1:100.000 sowie Änderungen in der Begründung zu Kapitel 6.5). Diese Eignungsgebiete treten an die Stelle aller im RREP VP 2010 (Karte) und in der Ersten Änderung des RREP VP 2013 (Karte) dargestellten Eignungsgebiete für Windenergieanlagen, die gemäß Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 18.08.2015 als aufgehoben gelten.  

Die Kriterien der neuen Gebietsausweisung beinhalten „harte“ und „weiche“ Tabuzonen. Als „harte Tabuzonen“, die eine Errichtung von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen ausschließen, werden u.a. berücksichtigt  Wohn-, Erholungs- und Tourismusgebiete, Nationalparks, Naturschutzgebiete, Flugplätze, militärische Anlagen.

Zu den „weichen Tabuzonen“, in denen gemäß planerischer Entscheidung des Regionalen Planungsverbandes Vorpommern keine Windenergieanlagen errichtet werden sollen, zählen u.a. 1000 m  Abstandspuffer zu Wohn-, Erholungs-, Tourismusgebieten und Nationalparks, Vorranggebiete Küstenschutz, Trinkwasser, Gewerbe und Industrie, Waldflächen ab 10 ha, Naturparks, europäische Vogelschutzgebiete inkl. 500 m Abstandspuffer.

Für die Eignungsgebiete ist eine Mindestgröße von 35 ha festgelegt.

 

Festgelegt werden außerdem Kriterien für „Restriktionsgebiete“, die zunächst grundsätzlich gegen die Festlegung von Eignungsgebieten sprechen. Bei Überwiegen von Windenergie begünstigenden Belangen kann in diesen Gebieten jedoch eine Einzelabwägung erfolgen. Dieses betrifft u.a. Vorbehaltsgebiete Naturschutz und Landschaftspflege/ Küstenschutz/ Gewerbe und Industrie, Landschaftsschutzgebiete sowie einen Mindestabstand von 2,5 km zwischen den Eignungsgebieten.   

 

Darüber hinaus wird die Begründung zur Zweiten Änderung des RREP VP ergänzt um eine Definition für Testanlagen zu Forschungs- und Entwicklungszwecken gem. Programmsatz 6.5 (7), die unter bestimmten Voraussetzungen auch außerhalb von Eignungsgebieten errichtet werden dürfen (Ausnahmeregelung).

 

Der vorliegenden Entwurf 2017 berücksichtigt auch die Ergebnisse der Abwägung zu den Stellungnahmen aus der 2. Beteiligung. Die von der Stadt in ihrer Stellungnahme geäußerte Anregung bindet die Zustimmung der Stadt zur planerischen Öffnungsklausel für das Altgebiet Altefähr an die rechtssichere Gültigkeit des Programmsatzes 6.5 (7) mit der Höhenbegrenzung der Anlagen in diesem Gebiet auf maximal 70 m. Sollte dies nicht der Fall sein, lehnte die Stadt die planerische Öffnungsklausel für das Altgebiet Altefähr ab, da höhere Windenergieanlagen zu einer Beeinträchtigung der Silhouette der Stralsunder Altstadt führen würden. Eine Beeinträchtigung der UNESCO-Welterbestätte ist jedoch zwingend auszuschließen.

 

Dem als Anlage 1 beigefügten Auszug aus der Abwägungsdokumentation ist als Ergebnis der Prüfung und Abwägung der 2. Stellungnahme der Stadt zu entnehmen, dass die Höhenbegrenzung auf max. 70 m im Altgebiet Altefähr nicht mehr gilt. Der Planungsverband geht davon aus, dass bei einem Repowering den denkmalschutzrechtlichen Belangen der Hansestadt Stralsund im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren angemessen Rechnung getragen wird.

 

Die Inhalte des vorliegenden Entwurfs 2017 mit dazugehörigem Umweltbericht berühren die Belange der Hansestadt Stralsund deshalb wie folgt:

 

Das Stralsunder Stadtgebiet ist von der Ausweisung der neuen Eignungsgebiete für Windenergieanlagen nicht betroffen.

 

Die neue planerische Öffnungsklausel gilt auch für das entfallene Altgebiet in Altefähr. Die zum Schutz der UNESCO-Welterbestätte Altstadt Stralsund vor visuellen Beeinträchtigungen und zur Sicherung der Einhaltung der Kulturerbekriterien der Weltkulturerbekonvention bisher geltende Höhenbegrenzung für die Windenergieanlagen von maximal 70 m entfällt ebenfalls. Somit bestehen für die Bauleitplanung der Gemeinde Altefähr und für interessierte Vorhabenträger keine raumordnerischen Vorgaben mehr bezüglich der zulässigen Anlagehöhen. Es steht somit zu befürchten, dass bei einem Repowering künftig 150 m bis 200 m hohe oder höhere Anlagen errichtet werden sollen. Dieses würde zu einer Beeinträchtigung der geschützten Altstadtsilhouette führen.

 

Obwohl die planerische Öffnungsklausel auch für das Altgebiet Altefähr gelten soll, prüft der  Umweltbericht die Auswirkungen, die in Folge der entfallenden 70 m-Höhenbegrenzung zu erwarten sind, nicht.

 

Zum Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des RREP VP mit dazugehörigem Umweltbericht wird jetzt das 3. Beteiligungsverfahren durchgeführt. Die 3. Öffentlichkeitsbeteiligung findet vom 16.05. bis 18.07.2017 statt. Stellungnahmen zur Planung können bis spätestens zum 18. Juli 2017 abgegeben werden. 

 

Die Stellungnahme der Hansestadt Stralsund zum Entwurf 2017 der Zweiten Änderung des RREP VP, die auch die Stellungnahmen der Fachämter und Abteilungen der Stadtverwaltung berücksichtigt (Anlage 2), wird unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch die Bürgerschaft fristgemäß beim Planungsverband eingereicht. Ein Bürgerschaftsbeschluss auf regulärem Gremienweg ist im Beteiligungszeitraum nicht zu erreichen. Die Stellungnahme wird hiermit der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorgelegt. 

 


Beschlussvorschlag:

 

Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschließt die Bestätigung der Stellungnahme der Hansestadt Stralsund im Rahmen der 3. Beteiligung zur Zweiten Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern, Entwurf  2017 mit dazugehörigem Umweltbericht.

 


Lösungsvorschlag:

 

Die Stellungnahme der Hansestadt Stralsund äußert sich zur Betroffenheit der Stadt durch die neue planerische Öffnungsklausel. Die Visualisierungen der Sichtbarkeitsanalyse zur Ersten Änderung des RREP VP zeigen nachvollziehbar, dass Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe über 70 m im Altgebiet Altefähr zu einer Beeinträchtigung der geschützten Altstadtsilhouette führen würden. Eine Beeinträchtigung der UNESCO-Welterbestätte Historische Altstadt Stralsund ist jedoch zwingend auszuschließen. Deshalb ist die Anwendung der planerischen Öffnungsklausel für das Altgebiet Altefähr strikt abzulehnen.

 

Diese konsequente Haltung unterstützen auch die für die Welterbestätte Historische Altstädte Stralsund und Wismar zuständigen Mitglieder der Monitoring Gruppe des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS.

 

Sollte der Ausschluss des Altgebietes Altefähr aus dem Geltungsbereich der planerischen Öffnungsklausel nicht erfolgen, ist die planerische Öffnungsklausel abzulehnen.

 

Die fehlende Prüfung der durch den Wegfall der Höhenbegrenzung im Altgebiet Altefähr zu erwartenden Auswirkungen auf die geschützte Stadtansicht der UNESCO-Welterbestätte Historische Altstadt Stralsund wird als Mangel des Umweltberichtes beanstandet. Gegebenenfalls hätte diese zum Ausschluss des Altgebietes Altefähr von der Planerischen Öffnungsklausel führen können. Deshalb ist diese Prüfung im Umweltbericht zu ergänzen.

 

Der Bürgerschaft wird empfohlen, die vorliegende Stellungnahme zu bestätigen. Der Beschluss zur Stellungnahme wird dem  Regionalen Planungsverband umgehend vorgelegt.

 


Alternativen:

 

Da sich aus der Zweiten Änderung des RREP VP Auswirkungen auch auf die Hansestadt Stralsund ergeben können, kann eine Alternative nicht empfohlen werden.