Beschluss: zur Kenntnis genommen

Anfrage:

1.    Wie hat sich die Obdach- und Wohnungslosigkeit in den letzten 3 Jahren in 

                   Stralsund entwickelt?

                       Wie viele Menschen leben und lebten nach Kenntnisstand der Verwaltung

            auf der Straße ?

            Bitte aufschlüsseln nach: 

-       Geschlecht,

-       Alter (Aufzeigen der Obdachlosen unter 18 und unter 25 Jahre)

-        Migrationshintergrund

-        Unterhaltsverpflichtung bzw. Erziehungsberechtigung

(Eltern mit Kindern und Alleinerziehende).         

                        Wie viele Menschen leben in unserer Stadt in Notunterkünften

                        und wie viele Plätze stehen dort zur Verfügung?

                        Bitte auch hier aufschlüsseln nach: wie oben

                        Falls diese Fragen nicht beantwortet werden können, bitte ich um eine 

                        Erläuterung warum es nicht möglich ist und weswegen diese Erhebung                           nicht von der Verwaltung eingefordert wird. 
 

2.    Wie wird diesen Menschen geholfen?

Gibt es seitens unserer Stadt, gerade in der kalten Jahreszeit, die Möglichkeit für Obdachlose eine kostenlose, warme Mahlzeit oder warme Getränke zu bekommen? 

Wie wird, während der kalten Jahreszeit, die medizinische Versorgung   

                        obdachloser Menschen sichergestellt?

 

Bevor Herr Krusch zur Beantwortung der einzelnen Punkte komme, erfolgt folgende kurze Einleitung:

 

In der Bundesrepublik Deutschland ist zwar eine gute staatliche Unterstützung, z.B. durch Wohngeld, Sozialhilfe und Grundsicherung, gegeben, jedoch führen trotzdem mangelhaftes Einkommen und die gegebene wirtschaftliche und persönliche Situation der Betroffenen zu Räumungsklagen, Zwangsräumungen und damit auch zu Obdachlosigkeit.

Mit ordnungsrechtlichen Mitteln, wie Zuweisung in eine Obdachlosenunterkunft oder Beschlagnahmung von Wohnraum, kann jedoch Obdachlosigkeit keineswegs wirkungsvoll bekämpft oder behoben werden. Auf Dauer kann unfreiwillige Obdachlosigkeit nicht mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts beseitigt werden, es handelt sich hier nur um eine vorübergehende Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit. Die ordnungsrechtliche Unterbringung darf nicht als Dauerlösung betrachtet werden. Nur mit Hilfe der Sozialbehörden kann diese unfreiwillige Obdachlosigkeit endgültig beseitigt werden, soweit Bedürftigkeit besteht.

 

Nun zu den gestellten Fragen.

 

zu 1.:

 

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten.

 

Zu unterscheiden ist die unfreiwillige und freiwillige Obdachlosigkeit.

 

Unfreiwillige Obdachlosigkeit stellt eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar, denn sie gefährdet akut Grundrechte und grundrechtlich geschützte Lebensgüter des Obdachlosen, der sich selbst nicht helfen kann, insbesondere dessen Gesundheit und Leben, aber auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, namentlich die Menschenwürde. Hier ist der Zugang der Ordnungsbehörde eröffnet und sie kann geeignete Maßnahmen, wie die Zuweisung in eine Obdachlosenunterkunft oder Beschlagnahmung von Wohnraum, ergreifen, um die beschriebenen Gefahren vorübergehend zu beseitigen.

 

Anders verhält es sich bei der freiwilligen Obdachlosigkeit, wie z.B. Nichtsesshafte, Aussteiger oder Weltenbummler. Der betroffene Personenkreis ist mit der Obdachlosigkeit einverstanden. Freiwillige Obdachlosigkeit ist ein erlaubter Zustand und Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG.

 

Es besteht aber auch keine Registrierungs- oder Meldepflicht für freiwillig obdachlose Menschen. Insoweit ist es der Verwaltung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, die gewünschte Aufstellung der Menschen zu geben, die innerhalb der letzten 3 Jahre auf der Straße lebten oder jetzt noch leben.

 

Die folgende Frage hat die Anzahl der Menschen, die in  Notunterkünften der Stadt  leben zum Inhalt.

 

Die Hansestadt Stralsund betreibt zusammen mit dem DRK Kreisverband Rügen-Stralsund e.V. eine Obdachlosenunterkunft in der Mühlgrabenstraße 10, 18437 Stralsund. Zur vorübergehenden Beseitigung der unfreiwilligen Obdachlosigkeit stehen in der Herberge für obdachlose Menschen grundsätzlich 38 Wohnplätze zur Verfügung. Diese können im Bedarfsfalle noch um 2 bis 3 Wohnplätze aufgestockt werden. Die gewünschte Aufstellung der Belegungsdaten für die Jahre 2015-2017 wurde freundlicherweise durch die Obdachlosenunterkunft zur Verfügung gestellt (Anlage 1). Aufgrund der Vielzahl gelieferter Daten durch die Obdachlosenunterkunft, möchte der Abteilungsleiter hier lediglich die Jahresdurchschnittswerte widerspiegeln. Sofern Interesse an der monatsweisen Darstellung besteht, kann diese gerne durch die Verwaltung den Mitgliedern der Bürgerschaft zur Verfügung gestellt werden.

 

Anhand der Daten ist zu erkennen, dass sich in der Obdachlosenunterkunft im Schnitt ca. 80% Männer befinden. Das Alter dieser Gruppe von Bewohnern betrug im Jahre 2017 im Durchschnitt 43 Jahre. Das durchschnittliche Alter der dort untergebrachten Frauen betrug 45 Jahre.

Da es sich bei der Obdachlosenunterkunft nicht um eine Einrichtung der Kinder- und Jugendnothilfe handelt, erfolgt im Bedarfsfalle die Unterbringung durch das Jugendamt des Landkreises Vorpommern-Rügen in einer kind- oder jugendgerechten Einrichtung.

 

Für die ordnungsrechtliche Unterbringung von Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffenen sind, spielt der Migrationshintergrund grundsätzlich keine Bedeutung. Insoweit liegen dem Ordnungsamt hierzu auch keine weiteren Daten vor.

 

Feststellen lässt sich, dass witterungsbedingt derzeit alle Wohnplätze belegt sind. Dennoch hat sich die Obdachlosenunterkunft auf die derzeitige Witterung eingestellt und Notunterbringungsmöglichkeiten eingerichtet, sodass niemand unfreiwillig draußen schlafen muss.

 

zu 2.:

Einmal im Jahr trifft sich das Ordnungsamt der Hansestadt Stralsund mit Vertretern des Landkreises Vorpommern-Rügen sowie verschiedener Sozialverbände, um die aktuelle Wintersaison zu besprechen. Im Ergebnis wird im Amtsblatt der Hansestadt Stralsund über die aktuellen Hilfsangebote informiert (Anlage 2).

 

Hierunter fällt die „Halle“ am Carl-Heydemann-Ring, betrieben vom Kreisdiakonischen Werk Stralsund e.V. Dort werden täglich 60 bis 70 Gäste aus völlig unterschiedlichen Verhältnissen versorgt. Es sind Menschen ohne Wohnung, Langzeitarbeitslose, Frührentner, Sozialhilfeempfänger, Menschen mit Alkohol- oder Drogenproblemen, psychisch Kranke und Ausländer. In der Begegnungsstätte treffen sie auf hilfsbereite Menschen,  die sich gerne, über das Kochen einer warmen Mahlzeit hinaus, Zeit nehmen. Darüber hinaus können sich Bedürftige grundsätzlich über die Stralsunder Tafel des DRK-Kreisverband Rügen-Stralsund e.V. in der Parkstraße 9 mit Lebensmittel versorgen.

 

Für wohnungs- und obdachlose Menschen steht prinzipiell das normale medizinische Hilfesystem zur Verfügung, wozu niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser sowie die Notfallpraxen gehören, das gilt auch für freiwillig Obdachlose. Voraussetzung ist aber, dass Sozialleistungen beim Landkreis Vorpommern-Rügen beantragt wurden.

 

Herr Quintana Schmidt erfragt, ob es sich bei dem Todesfalls des Obdachlosen, wie es in den lokalen Medien thematisiert wurde, um einen Einzelfall handelt.

 

Herr Krusch betont, dass es im vorliegenden Fall, soweit sich die Vermutung bestätigt, um einen Fall von freiwilliger Obdachlosigkeit handelt, wohin gehend die Zuständigkeit der Hansestadt Stralsund endet. 

 

Der Oberbürgermeister führt aus, dass die Mitarbeiter die Kommunikation mit den Obdachlosen und anderen Behörden suchen um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen, aber die Freiheit der Person akzeptiert werden muss.