Anfrage:
- Gibt es derzeit Aktivitäten seitens der Stadtverwaltung zum Verbleib der „Gorch Fock“ in der Hansestadt Stralsund?
- Gibt es Erkenntnisse aus dem in Auftrag gegebenen Gutachten, die „Gorch Fock“ kostenneutral im Stralsunder Hafen zu betreiben?
- Hat die Stadtverwaltung Informationen zum Verkauf der „Gorch Fock“ seitens des Eigner Vereins an andere Städte?
Die Beantwortung erfolgt durch Herrn Hartlieb:
Seit
dem Beginn der Verhandlungen über den Ankauf der Gorch Fock I wurde von der
Hansestadt Stralsund mit dem Eignerverein Tall Ship Friends e.V. das gemeinsame
Ziel verfolgt, einer größeren Öffentlichkeit nachhaltig den
Zugang zu diesem Erbe deutscher Segelschifffahrt und -tradition zu ermöglichen
und langfristig die Erhaltung und den Betrieb des Segelschulschiffes zu
gewährleisten.
Die
Bedingungen seitens Tall Ship Friend e.V. sind von Beginn an im Wesentlichen,
dass
- der Verein
mit der Veräußerung des Schiffes Gorch Fock I. seine Gemeinnützigkeit
nicht gefährden darf;
- das
vorhandene Engagement, Know-How, Personal, Netzwerk und Material des
Vereins dem Schiff Gorch Fock I. weiter zu Gute kommen kann;
- der Verein aus
dem Kaufpreiserlös seine Verbindlichkeiten bedienen können muss;
- der Verein
das Ziel der Segelfähigkeit der Gorch Fock I. nicht endgültig aufgeben
wird.
Voraussetzung
für die Hansestadt für den Abschluss eines Kaufvertrages ist:
- der
dauerhafte Verbleib des Schiffes im Stralsunder Hafen
- die
wirtschaftliche – d.h. für den Haushalt kostenneutrale – Betreibung und
Unterhaltung des Schiffes
- die
Vereinbarkeit mit der Kommunalverfassung und anderen Vorschriften.
Begründet
ist die Idee des Ankaufs der Gorch Fock durch die Hansestadt Stralsund im Kern
allerdings durch eine Forderung des Wirtschaftsministeriums. Es sieht sich
nicht in der Lage bzw. ist nicht willens, entsprechende notwendige Fördermittel
für den Erhalt der Gorch Fock an den Verein direkt auszuzahlen. Die Hansestadt
Stralsund soll somit gegenüber dem Wirtschaftsministerium in eine Art
Garantenstellung gebracht werden.
Die hierfür vom Wirtschaftsministerium maßgeblich finanzierte INROS
LACKNER Machbarkeitsstudie für die Übernahme und den Betrieb des
Segelschulschiffs "Gorch Fock I" als Basiseinrichtung der
maritim-touristischen Infrastruktur im Hafen der Hansestadt Stralsund wurde
durch die Gutachter für die Bürgerschaftsmitglieder und die Öffentlichkeit hier
im Löwenschen Saal am 04. November 2014 vorgestellt. Daneben wurde sie
innerhalb der Stadtverwaltung und mit dem Verein ausführlich diskutiert und auf
Grund der vorliegenden Datenbasis wurde nach weiterem Verbesserungspotential
gesucht. Die Bürgerschaft war am
04.12.2014 mit einem Antrag von Herrn Adomeit, am 11.06.2015 mit einer Anfrage
von Herrn Laack und am 05.11.2015 auf Grund einer Anfrage von Herrn van Slooten
mit der Thematik Gorch Fock befasst und von der Verwaltung über den jeweiligen
Sachstand laufend unterrichtet. Durch den Verein wurden weitere Untersuchungen
der Schiffshülle und Gutachten zur zielführenden langfristigen
Schwimmfähigkeitssicherung beauftragt. Die Finanzierung der dafür notwendigen
Mittel kam mit Unterstützung von Herrn Oberbürgermeister Dr. Badrow zu Stande.
Ein Zwischenergebnis der gemeinsamen Anstrengungen war im Juni 2015 der Erhalt
des Schwimmfähigkeitszeugnisses bis 2020. Die vielversprechenden
Gutachtensergebnisse durch das Ingenieurbüro des Sachverständigen für
Schiffs-und Maschinenbau Herrn Vetter lagen am 09. September 2015 vor. Die
Untersuchungen wurden jeweils eng mit der Hansestadt Stralsund abgestimmt.
Diese bediente sich dabei auch externen Fachverstandes seitens der Deutschen
Marine. Dorthin und an Herrn Kapitän Kabiersch von hier aus besonderen Dank für
ihre jeweiligen Beiträge.
Das
alles als Grundlage nutzend, wurden durch den Verein und durch die Hansestadt
Stralsund Lösungsansätze für einen wirtschaftlichen – d.h. für den kommunalen
Haushalt kostenneutralen – Betrieb weiter entwickelt. Eine Möglichkeit besteht
im Ankauf durch eine städtische Gesellschaft und den weiteren Betrieb des
Schiffes durch eine vom Verein selbst gegründete gemeinnützige Gesellschaft.
Eine andere Möglichkeit besteht im Ankauf und Betrieb durch eine städtische
gemeinnützige Gesellschaft. Beide Erwerber- und Betreibermodelle sind – aus
heutiger Sicht – dem Grunde nach und an und für sich umsetzbar – sie führten
jedoch auf Grund der eingangs genannten Prämissen bis jetzt noch nicht zu einer
endgültigen beiderseitigen übereinstimmenden abschließenden Vereinbarung, die
der Bürgerschaft zur Entscheidung vorgetragen werden könnte. Der Hauptgrund
liegt darin, dass der Gesamtvorgang wegen zwingend zu beachtenden
unterschiedlichsten und sich häufig sogar diametral widersprechenden
öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Gesetzen und Vorgaben sowie
zwingend zu beachtenden Nebenrechtes wie Vereinsrecht, Steuerrecht,
Denkmalrecht, Förderrecht, kommunales Haushaltsrecht, um nur einige zu nennen,
überaus komplex ist.
Von
Seiten des Vereins wurden die Verhandlungen durch Herrn Rechtsanwalt Krumbügel
- erst als Mitglied des Vorstands, später als rechtlicher Vertreter des Vereins
- geführt. Von beiden Seiten wurde mit einem äußerst hohen Maß an persönlichem
Engagement zum Erreichen des Ziels verhandelt. Herrn Rechtsanwalt Krumbügel sei
an dieser Stelle für seine äußerst konstruktive und auch die Zwänge der
Gegenseite erkennende Verhandlungsposition gedankt.
Da
bisher trotz allem Willen und aller Anstrengungen keine finale Lösung gefunden
werden konnte, teilte der Verein Tall Ship Friends e.V. der Hansestadt
Stralsund Ende Januar 2016 mit, dass er sich nicht mehr an die bisherige Zusage
exklusiver Verhandlungen gebunden sehen könne. Diese Entscheidung ist aufgrund
der derzeitigen Schwierigkeiten bei den Verhandlungen aus hiesiger Sicht
vollkommen nachvollziehbar. Aktuelle Verhandlungen mit anderen Interessenten
sind hier nicht bekannt. Die Hansestadt Stralsund ist sowohl intern, gegenüber
zu beteiligenden Dritten, als auch mit dem Verein in der Abarbeit der noch
offenen Punkte begriffen und in stetem Kontakt. Näheres zu weiteren Details
wäre im Falle von Nachfragen wegen der laufenden Verhandlungen dem
geschlossenen Teil der Bürgerschaftssitzung vorbehalten.
Herr Riedel hat
keine weitere Nachfrage.
Der Präsident
stellt den Antrag auf Führen einer Aussprache zur Abstimmung.
Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt